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Spielergewerkschaft vs. TransfersystemDen Goldesel trockenlegen

Die Fußballergewerkschaft Fifpro will das Transfersystem revolutionieren. Die Zeit astronomischer Ablösesummen wäre damit vorbei.

Dank der Rekordsumme von 74 Millionen Euro klatscht Kevin de Bruyne (li.) jetzt für Manchester City ab Foto: ap

BERLIN taz | Es war der Sommer der irren Transfersummen im Fußball. Befördert durch Milliardeneinahmen aus einem neuen Fernsehvertrag waren vor allem englische Profivereine im Kaufrausch. Allein die Premier League hat laut transfermarkt.de bis Ende August knapp 1,2 Milliarden Euro in neue Spieler investiert. Zuletzt folgte der Belgier Kevin de Bruyne, immerhin Spieler des Jahres in der Bundesliga, dem Lockruf von der Insel und wechselte laut für 74 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg zu Manchester City.

Geht es nach der Spielergewerkschaft Fifpro hat diese Entwicklung bald ein Ende. Fifpro, die nach eigenen Angaben 65.000 Profis weltweit vertritt, hat am Freitag bei der EU-Kommission in Brüssel Beschwerde gegen das internationale Transfersystem eingelegt. Die derzeit geltenden Regeln verstoßen gegen das europäische Wettbewerbsrecht und bevorteilen finanzstarke Klubs, so die Gewerkschaft.

„Während die Industrie als Ganzes wächst, sehen wir eine wachsende Ungleichheit und einen finanziellen Überlebenskampf auf Kosten von Spielern und Vereinen“, sagte Fifpro-Generalsekretär Theo van Seggelen in einer Mitteilung der Gewerkschaft. Ihr zufolge profitieren nur eine geringe Zahl Berater, Investoren und reicher Vereine von den aktuellen Wechselregularien. Die Mehrheit der Spieler und Clubs werde benachteiligt.

Die Kritik der Spielergewerkschaft richtet sich an den Fußballweltverband Fifa, der die Wechselregularien für Spieler festschreibt. „Die Fifa ist genauso unfähig den Profifußball zu verwalten, wie sie dabei versagt hat, sich selbst zu regulieren“, griff Fifpro-Präsident Philippe Piat den Weltverband an. Der europäische Verband Uefa zeigte sich enttäuscht von dem Vorgehen der Spielervertreter. „Ich denke, dass Lösungen im Fußball und nicht von Gerichten gefunden werden sollten“, sagte Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino am Freitag nach der Sitzung des Exekutivkomitees in St. Julian's/Malta.

Die Gewerkschaft will Ablösezahlungen, Spieler-Leihgeschäfte abschaffen, Kadergrößen und Zahlungen an Spielerberater begrenzen und Spielern einen Vereinswechsel erleichtern. Davon sollen weniger finanzstarke Vereine und Ligen profitieren. Von ihrer Aktion verspricht sich Fifpro eine ähnliche Revolution des Transfermarktes wie nach dem Bosman-Urteil 1995. Damals hatte der Europäische Gerichtshof nach einer Klage des Profi-Fußballers Jean-Marc Bosman entschieden, dass Fußballprofis nach Ablauf ihres Vertrags ablösefrei den Verein wechseln können.

Der beabsichtigte Wandel des Profifußballgeschäfts ist zwar optimistisch, hat aber eher geringe Umsetzungschancen. Zu groß scheint die Lobby der mächtigen Vereine, Investoren und Berater. Zudem werden die talentiertesten Jugendspieler auch in Zukunft zu renommierten Vereinen mit einer großen Geschichte und vielen Titeln wechseln wollen. Kurzfristig wird sich an den Mechanismen im Profifußball ohnehin nichts ändern. Eine Entscheidung der EU-Kommission wird erst innerhalb von zwölf Monaten erwartet. Sollte sie dem Antrag folgen, würde wohl mindestens zwei weitere Jahre über ein neues Regelwerk verhandelt werden. (mit dpa)

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