Spendenaktionen für Seenotrettung: „Es braucht jetzt neue Schiffe“
Um Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten, braucht es Schiffe. Deutsche Fernsehmoderatoren rufen nun zum Spenden auf.
Tausende gingen in den letzten Tagen auf die Straßen, protestierten gegen die Behörden und gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung. Ihre Stimme ist ein Zeichen für mehr Humanität. Auch Prominente ziehen mit und nutzen ihre Popularität, um Spendengelder zu sammeln und Aufmerksamkeit zu wecken. So jetzt auch ProSieben-Ikone Klaas Heufer-Umlauf.
Der Satiriker und Moderator Jan Böhmermann rief zuvor eine Spendenaktion für die Anwaltskosten des angeklagten Lifeline-Kaptitäns ins Leben. In wenigen Tagen kamen fast 200.000 Euro zusammen. Sein Kollege Klaas Heufer-Umlauf tut es ihm nun gleich, ruft dazu auf, die „andere Seite des Problems“ zu betrachten. In seinem YouTube-Video spricht er über die Situation auf dem Mittelmeer und eine Möglichkeit etwas gegen das Sterben zu tun: Spenden, damit Rettungsorganisationen wie „Mission Lifeline“, „Sea-Watch“ oder „Jugend Rettet“ neue Schiffe chartern können. Weitermachen, gegen den Willen der Behörden und für die Rettung hunderter Menschen.
„Es lässt mich nicht los und ich hoffe, einige andere auch nicht“, sagt Heufer-Umlauf. Das Video, mit seinem Handy gefilmt, misst eine Länge von sechs Minuten. Er spricht von Menschen, die vor lebensbedrohlichen Umständen fliehen, sich aufmachen nach Europa. Und das mit triftigem Grund, wie er findet: „Niemand steigt freiwillig in ein Schiff, wenn er weiß, dass es zu voll und nicht funktionstüchtig ist und er nicht schwimmen kann.“
„Es braucht jetzt neue Schiffe“, sagt Heufer-Umlauf. Schiffe, um ein Zeichen zu setzen und weiter lebensnotwendige Hilfe leisten zu können. Der 34-Jährige betont: „Irgendwo muss das Geld herkommen“. Er selbst habe auch schon gespendet. Wie viel, verrät er jedoch nicht. Er hofft, dass die Leute, je nach Verhältnismäßigkeit, seinem Beispiel nachgehen und sich engagieren. „Völlig egal ob zwei Euro oder 200.000 Euro“, jeder könnte mithelfen, sagt der Moderator und versichert, er würde persönlich dafür Sorge tragen, dass das Geld „dahin kommt, wo es hin muss.“
Ein Aufruf, nicht ohne Kritik
Der Aufruf zeigt Wirkung. Innerhalb eines Tages zählte das Online-Spendenkonto bereits eine Summe von über 100.000 Euro. Das Video wurde über 60.000 Mal geklickt, der Hashtag #Civilfleet tausendfach geteilt. Klaas Heufer-Umlauf brachte eine Diskussion ins Rollen. Die Meinungen auf Twitter gehen stark auseinander. Während einige schreiben, sie würden sich „ganz sicher nicht“ an „illegaler Migration“ beteiligen, loben andere die Aktion und die Menschlichkeit, die dahinter stecke: „Danke Klaas! Die paar seidenen Fäden, an denen die Menschlichkeit und ein offenes Europa noch hängen, werden von Fernsehmenschen statt Politikern in die Öffentlichkeit getragen.“
Heufer-Umlauf kritisiert viel in seinem Video. Er kritisiert die Behörden für ihr Verhalten. Er verstehe nicht, wie man Menschen dafür anklagen kann, dass sie anderen Menschen das Leben retten. Dieses Vorgehen beschreibt Heufer-Umlauf als „bizarr und absurd und bescheuert“. Sein Ziel: Möglichst viel Geld sammeln, damit die NGOs neue Schiffe chartern können. Ginge es nach ihm, sollten die Rettungsschiffe zur Not auch inoffiziell wieder rausfahren und weiter Menschen retten, denn: „Was soll daran illegal sein?“
Doch auch Heufer-Umlauf selbst steht in der Kritik. Er würde sich durch die Aktion bloß selbst profilieren wollen und den Aufruf als persönliche PR nutzen. „Großes Sommerkino! Hier verschafft sich jemand Publicity unter dem Deckmantel der Flüchtlingshilfe für schleuserähnliche NGOs“, heißt es auf Twitter.
Nach zwei Tagen ist auf dem Spendenkonto „Jetzt retten wir! #civilfleet“ eine Summe von über 135.000 Euro eingegangen. 3.300 Beteiligungen zählt die Website. Heufer-Umlauf ist begeistert von den Reaktionen. „Wahnsinn, Wahnsinn, vielen Dank! Weiter gehts“, meldet er sich bei seinen Followern auf Twitter. Die Aktion läuft noch 18 weitere Tage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen