Spendenaffäre bei der AfD: Rechtsextreme zahlen Millionen für gespendete Plakate
Die AfD musste wegen einer dubiosen Parteispende 2,35 Millionen Euro zahlen. Lobbycontrol und Transparency International fordern einen Spendendeckel.

Die Bundestagsverwaltung geht davon aus, dass es sich bei der Plakatkampagne um eine „unzulässige Weiterleitungs- bzw. Strohmannspende handelt“. Auf Anfrage der taz teilte die Bundestagsverwaltung mit, eine Partei sei „nach Erkennen tatsächlicher Umstände, die die Unzulässigkeit der Spende begründen, zur unverzüglichen Weiterleitung verpflichtet“. Nach der Veröffentlichung der Spende Anfang Februar 2025 sei demnach ein Hinweis der „Financial Intelligence Unit“ aus Österreich auf Geldwäscheverdacht eingegangen: Der „angebliche Spender Gerhard Dingler“ habe demnach kurz zuvor einen noch höheren Betrag von Henning Conle erhalten, „der als Unterstützer der AfD hier aktenkundig ist“, so die Bundestagsverwaltung.
Zuvor hatten der österreichische Standard und der Spiegel darüber berichtet. Der mutmaßliche Strohmann – der nicht für Reichtum bekannte ehemalige FPÖ-Lokalpolitiker Gerhard Dingler – hat demnach vor seiner Spende eine „Schenkung“ von 2,6 Millionen Euro von Immobilieninvestor Henning Conle erhalten und danach die Plakatkampagne in Auftrag gegeben. Der Milliardär Conle wiederum ist nicht nur als Miethai bekannt, sondern auch als verdeckter Spender für die AfD, wie bereits ein Fall von illegalen Parteispenden aus 2017 zeigte – damals auch an die jetzige Parteichefin Alice Weidel.
Die AfD hofft noch darauf, dass sie das Geld zurückbekommt. Auf taz-Anfrage wollte sich Schatzmeister Carsten Hütter zwar nicht äußern, zuvor hatte er aber bereits dem Stern gesagt, dass man vorsorglich gezahlt habe, aber weiter prüfe und sich eigentlich nicht für zahlungspflichtig und die Plakatkampagne nicht für eine Strohmannspende halte. „Nur damit wir keine doppelte oder dreifache Strafe zahlen müssten, falls sich zu unseren Ungunsten Fakten ergeben würden, haben wir das Geld bei der Bundestagsverwaltung geparkt“, sagte Hütter. Wohl auch deswegen spricht die Bundestagsverwaltung davon, dass die AfD den Betrag „zur Verwahrung“ überwiesen habe.
Parteienrechtlerin: AfD musste zahlen
Die Parteienrechtlerin Sophie Schönberger sagte der taz, dass die Chiffre „zur Verwahrung“ die Sprachregelung der AfD sei. Die Rechtslage gebe das nicht her. Aus ihrer Sicht musste die Partei den Betrag abführen, um nicht zu riskieren, dass sie sanktioniert wird für eine Spende, deren wirklicher Spender zum Zeitpunkt der Zahlung nicht feststellbar sei. Wenn sie eine Strohmannspende trotz Kenntnis der Umstände behalten hätte, wäre als Sanktion üblicherweise sogar der dreifache Betrag fällig gewesen.
Generell halte Schönberger die Großspendenflut vor der Bundestagswahl für demokratietheoretisch bedenklich: „In einer Situation, in der sich die Einkommen gesellschaftlich auseinander entwickeln, halte ich zunehmende Praxis von Großspenden für problematisch – gerade mit Blick auf die Lage in den USA.“ Die dortige Praxis der Einflussnahme durch Milliardäre zeige, inwiefern die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts problematisch sei, das Parteispenden immer noch als Nachweis auf gesellschaftliche Verankerung werte – „wenn man zwei Millionen Euro für eine Partei spendet, muss das noch lange nicht heißen, dass man gesellschaftlich verankert ist.“ Schönberger habe Sympathien für eine Obergrenze, wobei dieser mit einer ausgeweiteten Parteienförderung zusammengedacht werden müsse.
NGOs fordern Spendendeckel
Auch Lobbycontrol und Transparency fordern unterdessen einen Deckel für Parteispenden. Aurel Eschmann von Lobbycontrol sagte der taz: „Es ist gut, dass die Bundestagsverwaltung hier handelt und die Spende einfordert, denn die Verdachtsmomente sind erheblich.“ Eschmann findet allerdings, dass es Spenden in solchen Höhen generell nicht geben sollte: „Großspenden verschaffen Vermögenden und Unternehmen zusätzlichen Einfluss und das ist undemokratisch. Mit einem Spendendeckel, wie in den meisten anderen EU-Staaten, müssten wir auch nicht rätseln, ob die Großspende wirklich vom angegebenen Spender kommt.“
Das Verbot von weitergeleiteten Spenden funktioniere oft nicht besonders gut, die Politik sollte also schnell handeln und einen Spendendeckel einführen, zumal die Spendensummen rasant ansteigen. Mittlerweile sehe man fast jeden Monat eine Millionenspende – das habe es 2021 nicht gegeben – „seit neuestem geht ein großer Teil dieser Spenden an die AfD, ein Zeichen für die fortschreitende Normalisierung dieser Partei.“
Auch Michael Koß von Transparency International forderte angesichts der jüngsten Großspenden einen Deckel für Großspenden in Höhe von 35.000 bis 50.000 Euro: „Ganz unabhängig von der Spende an die AfD stellt sich die Frage: Wenn wir alle eine Stimme haben, warum haben dann manche die Möglichkeit noch zusätzlich in Parteien zu investieren?“ Selbst transparente Großspenden unterminierten das Vertrauen in die Politik in einem Maße, dass den Nutzen von Spenden für die Parteien übersteige, wie man an der Mövenpick-Spende an die FDP habe sehen können – zumal nicht einmal die FDP von Spenden abhängig sei, so Koß.
Die jüngsten AfD-Spenden werte Koß als Gruß an die Weidel-AfD: „Auch international lässt sich sehen: Je libertärer eine Rechtspartei ist, desto eher gibt es auch große Wirtschaftsspenden.“ Der Tech-Oligarch und Trump-Unterstützer Peter Thiel in den USA sage ganz offen, dass nicht Wettbewerb, sondern Monopol das Beste sei. Dennoch seien in Deutschland Spenden aus der Wirtschaft an die AfD noch eher die Ausnahme und eher ideologisch geprägt – zumal Henning Conle ja bereits als Spender der AfD aktenkundig geworden sei.
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