Spaniens Bankenlandschaft: Weniger Filialen, mehr Online

In Spanien zeigen sich die Nachwirkungen der Immobilienblase. Gleichzeitig hat die Pandemie den Trend zum Online-Banking verstärkt.

Ein roter Geldautomat.

In Zukunft gibt es weniger Filialen: Geldautomat in Madrid Foto: John Milne/Zuma Press/imago

MADRID taz | Spaniens Banken specken ab. Sie schleppen aus der Zeit des Baubooms in den späten 1990ern und frühen 2000ern Filialen mit, die schon lange nicht mehr rentabel sind. So verhandelt die BBVA seit Freitag den Abbau von 3.000 Stellen, das entspricht rund zehn Prozent der Belegschaft.

Das größte spanische Finanzinstitut Caixabank, ein Zusammenschluss der Caixa aus Katalonien und Bankia aus Madrid, kündigte in der vergangenen Woche den Gewerkschaften den Abbau von 10.000 Stellen – rund 30 Prozent der Gesamtbelegschaft – an. Zusammen mit dem, was in der Branche sonst noch an Entlassungen ansteht, werden in den kommenden Monaten voraussichtlich mindestens 17.000 Arbeitsplätze verloren gehen.

Die große Zahl an Filialen war vor allem dank des Geschäftes mit den Wohnungskrediten rentabel. Und das ist seit dem Ende der Spekulationsblase vor über zehn Jahren Geschichte. Tausende Filialen sind deshalb überflüssig. Die Pandemie beschleunigt den Prozess zusätzlich. Im Lockdown im Frühjahr zeigte sich: Viele Privatkunden haben gelernt ihre Finanzgeschäfte von heimischen Computer aus zu tätigen.

Hinzu kommt die Fusion der Finanzinstitute. Bereits in der Eurokrise fusionierten 45 Sparkassen zu 15 Instituten. Jetzt fusionieren diese erneut, wie etwa die hautstädtische Bankia und die Caixa aus Katalonien. Die andalusische Unicaja und Liberbank aus der Extremadura sind zu einer Einigung gelangt. Die Aufsichtsbehörde hat jetzt das letzte Wort über die Fusion. Weitere Geldinstitute verhandeln. Nicht immer mit Erfolg. So scheiterte etwas die geplante Fusion der BBVA mit der Banco Sabadell. Die BBVA und auch die Banco Sabadell strukturieren jetzt dennoch um. Sie wollen für künftige Fusionsverhandlungen gewappnet zu sein.

„Unser Bankwesen war ein System der Nähe. In den Hauptstraßen der Dörfer und Stadtteile gab es Filialen jeder Bank. Jetzt geht es in Richtung europäisches Modell mit viel weniger Filialen“, erklärt Wirtschaftsprofessor Francisco Somohano, der den Lehrstuhl „Kleine und mittelständische Unternehmen“ an der Universität Cantabria im nord-west-spanischen Santander inne hat. Nur Frankreich hat mehr Bankfilialen als Spanien. Die restlichen europäischen Länder setzten längst auf schlankere Strukturen. Somohano spricht von einem „Kulturwandel“, der neben den Privatkunden vor allem die kleinen und mittelständische Unternehmen betrifft.

Das alltägliche Finanzgeschäft von Rechnungen, Einkäufen und Lohnzahlungen würden die meisten längst völlig selbstständig am Computer erledigen. „Doch Probleme kann es dann geben, wenn ein Unternehmen etwas braucht, was ausserhalb des normalen Tagesgeschäfts liegt. Wenn er expandieren will, Finanzierung sucht …“, sagt Somohano. Ein Vertrauensverhältnis wie mit dem Filialleiter ließe sich online nur schwer ersetzen.

Es ist nicht die erste Entlassungswelle bei den spanischen Banken. Laut Gewerkschaften verlor die Branche seit Beginn der Eurokrise 2008 rund 98.500 Arbeitsplätze, das sind rund 36 Prozent der einstigen Belegschaft.

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