Spanien will Umbettung von Francos Grab: Wird Diktator Franco umgelegt?
Die sterblichen Überreste des Diktators sollen verlegt werden. Spanien will verhindern, dass ein neuer Pilgerort für Rechtsextreme entsteht.
Der Ort vor den Toren Madrids mit seinem von weither sichtbaren 155 Meter hohen Kreuz gilt als größtes Monument für einen faschistischen Herrscher in Europa. Jährlich pilgern Hunderttausende in das Tal. Damit sollte endgültig Schluss sein. Doch Sánchez hat seine Rechnung ohne die Familie des Diktators und ohne die einst mit der Diktatur innig verbundene, katholische Kirche Spaniens gemacht.
Falls die Regierung die Exhumierung erzwingt, hat die Familie einen ganz besonderen Plan: Der einbalsamierte Leichnam soll dann in der Gruft der Almudena-Kathedrale im Herzen der spanischen Hauptstadt beigesetzt werden. Dort liegt Francos Tochter und neben ihr ist ein Platz frei, der zum Familiengrab gehört. Spaniens Kirche hat nichts gegen diese Idee.
Damit würde ein neuer Pilgerort mitten in Madrid entstehen. Einer Verlegung an einen anderen Ort wollen die Angehörigen Francos auf keinen Fall zustimmen. Sie würden gegen eine solche Entscheidung vor Gericht ziehen, beteuert die Familie. Sanchez, der die Unterstützung einer breiten Parlamentsmehrheit in der Frage der Exhumierung geniest, steht damit vor einem unerwarteten Problem.
Wohin mit dem Leichnam?
Um es zu lösen, reiste Vizeregierungschefin Carmen Calvo Anfang der Woche in den Vatikan, und traf sich dort mit Kardinal Pietro Parolin. Auch die Spitze der katholischen Kirche in Rom sei gegen eine Verlegung Francos in die Almudena-Kathedrale, ließ Calvo anschließend wissen.
Doch es dauerte nur wenige Stunden, bis ihr ein Kommuniqué seitens des Vatikans widersprach. Der Chefdiplomat des Vatikans und enge Vertraute von Papst Franziskus habe sich „zu keinem Zeitpunkt zum Ort der Bestattung geäußert“, heißt es.
Calvo erklärte daraufhin, eine Verlegung in die Kathedrale um jeden Preis verhindern zu wollen. Sie beruft sich auf das „Gesetz zur geschichtlichen Gedenken“. Der Staat müsse verhindern, das ein neuer Ort zur Verherrlichung der Diktatur entstehe.
An Ideen, wohin mit dem Leichnam, fehlt es nicht. Der Chef der linksalternativen Podemos, Pablo Iglesias, will Franco an Seiten seiner Ehefrau bestattet sehen. Die liegt zusammen mit mehreren Würdenträger der Diktatur auf einem kleinen Friedhof vor den Toren Madrids im El Pardo, unweit eines riesigen, für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Waldgrundstücks, in dem einst Franco seine Residenz hatte und wo heute die königliche Familie lebt.
Alleine die Angst davor, Pilgerort für Faschisten werden zu können, ließ die Stadtverwaltung in Francos Geburtsort Ferrol im Nordwesten Spaniens handeln. Dort regiert „Ferrol en Común“, ein Bündnis rund um Podemos. Nur wenige Wochen nachdem Sánchez seine Exhumierungspläne bekannt gab, beschloss der Stadtrat die dortige Grabstätte der Franco-Familie zu enteignen, um so zu verhindern, dass der Leichnam des Diktators beigesetzt werden kann. Das Grab war der Familie unter der Diktatur geschenkt worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren