Spanien nach der Wahl: Unterschätzte Trumpfkarte
Soraya Sáenz de Santamaría ist die Nummer Zwei der konservativen Partei. Tritt Ministerpräsident Rajoy zurück, schlägt ihre Stunde.
Die klein gewachsene Frau, die mal sympathisch lächelt, mal dreinschaut, als wolle sie es mit allen zugleich aufnehmen, ist der Trumpf in der Hand von Rajoys Partido Popular (PP). Sie könnte im Falle erfolgreicher Verhandlungen zur Bildung einer Regierung – mit Unterstützung der rechtsliberalen Ciudadanos oder gar einer Großen Koalition mit den Sozialisten – den unbeliebten Rajoy ersetzen. „Operation Menina“, nennen einige das, angelehnt an das berühmte Gemälde von Velázquez, das die Königstochter zeigt.
In den vergangenen Monaten hat die PP die Mutter eines Kindes gezielt aufgebaut. Sie tanzte in einer TV-Show und ließ sich im Fernsehen auf Outdoorabenteuer unterschiedlichster Art ein. Überall in Madrid hingen während des Wahlkampfs Plakate mit ihrem Gesicht.
Sáenz de Santamaría ist Quereinsteigerin. Rajoy nahm sie 2000 als Minister für besondere Aufgaben in sein Kabinett. Die Juristin war bis dahin kein PP-Mitglied, nur standesamtlich getraut, aber sie wies einen hervorragende akademischen Lebenslauf vor. Schnell wurde sie zur engen Vertrauten Rajoys.
2004 kam sie als Nachrückerin erstmals ins Parlament. Als Rajoy 2011 die Wahlen gewann, machte er Sáenz de Santamaría zu seiner Vizeministerpräsidentin und Regierungssprecherin. Sie hielt das innerparteiliche Gleichgewicht zwischen der Regierung und den Rajoy nicht immer wohlgesonnenen Regionalfürsten der PP und baute sich ganz still und leise ihre eigenen Seilschaften auf.
Geschickt hielt sie sich bei den zahlreichen Korruptionsskandalen am Rand. Nur einmal sorgte sie für Schlagzeilen, als sie ihren Einfluss in die Waagschale geworfen und ihrem Ehemann einen gut bezahlten Job bei der ehemals staatlichen Telefónica besorgt hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus