Regierungsbildung in Spanien: Es muss neu gewählt werden
Die Regierungsbildung in Spanien ist sechs Monate nach der Wahl endgültig gescheitert. Auch der König schaffte es nicht, zu vermitteln.
Seit dem Urnengang vergangenen Dezember sitzen im spanischen Parlament erstmals vier starke Fraktionen. Die konservative Partido Popular (PP) des amtierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, die sozialistische PSOE, die jungen Antiausteritätspartei Podemos – „Wir können“ – und die rechtsliberalen Ciudadanos – „Bürger“ – (C’s). Keine der Parteien hat eine ausreichende Mehrheit.
Die PP hatte im Dezember ihre absolute Mehrheit verloren. Angeschlagen durch unzählige Korruptionsskandale fand Rajoy keine Koalitionspartner. König Felipe VI. beauftragte deshalb den Führer der zweitstärkste Kraft, den Sozialisten Pedro Sánchez, mit der Regierungsbildung. Zwar handelte dieser erfolgreich ein Abkommen mit den rechtsliberalen C's aus, doch reicht dies nicht für eine Mehrheit im Parlament. Ein Linksbündnis, wie es Podemos und mehrere kleinere Parteien vorgeschlagen haben, das mit Duldung durch nationalistische Kräfte aus dem Baskenland und Katalonien eine ausreichende Mehrheit hätte erzielen können, lehnten die Sozialisten bis zum Schluss ab.
Förmlich im letzten Augenblick versuchte die valencianische Compromis die Blockade zu brechen. Die Regionalbewegung, die im Bündnis mit Podemos angetreten war, legte einen 30-Punkteplan für eine Koalition aller fortschrittlichen Kräfte vor. Die PSOE akzeptierte 27 Punkte, lehnte jedoch ein Gesetzespaket gegen die Zwangsräumung säumiger Wohnungseigner ebenso ab, wie die Streichung der Schuldenbremse in der Verfassung und die Rücknahme einer Arbeitsmarktreform, die den Kündigungsschutz völlig aufgeweicht hatte. Außerdem weigerte sich die PSOE einmal mehr, eine Koalition zu bilden. Sánchez wollte mit seinen 90 Angeordneten alleine unter Duldung von Podemos und Ciudadanos regieren. Die absolute Mehrheit liegt bei 176. „Eine Beleidigung aller Spanier“ sieht Compromis-Chefin Monica Oltra in der starren Position der Sozialisten. Sie selbst regiert in ihrer Heimatregion Valencia in Koalition mit den Sozialisten.
Sánchez sucht die Schuld für die Neuwahlen bei Podemos. „Herr Iglesias hat die Tür geschlossen“, wiederholte Sánchez immer wieder auf seiner Pressekonferenz nach dem Besuch beim König. Der angesprochene Podemos-Chef Pablo Iglesias sieht dies freilich anders. „Pedro Sánchez hat zu oft Nein gesagt“, sagt er. Anders als die PSOE habe sich Podemos kompromissbereit gezeigt, beteuerte der junge Politikprofessor. Tatsächlich hatte die neue Partei mehrmals programmatische Forderungen abgeschwächt und Iglesias selbst hatte angeboten, nicht persönlich in einer eventuellen Koalitionsregierung sitzen zu wollen.
Für Iglesias ist Sánchez in einem „Käfig gefangen“. Die großen Wirtschaftsvertreter des Landes und die Regionalfürsten und Altpolitiker der PSOE – unter ihnen Ex-Premier Felipe González, hätten eine Linksbündnis nicht zugelassen. Diese favorisierten stattdessen eine Große Koalition, um Podemos von der Macht fernzuhalten.
„Wir werden nach den Wahlen der PSOE erneut die Hand reichen“, fügte Iglesias hinzu. Podemos versucht jetzt mit der postkommunistischen Vereinigten Linken ein Wahlbündnis zu schmieden um so die Sozialisten im Juni an den Urnen zu überholen. PSOE und Podemos trennten nur 300.000 Stimmen.
Die große Frage ist nun, ob es zu nennenswerten Wählerverschiebungen kommt. So manche Umfrage zeigt, dass dies nicht zu erwarten ist. Dann steht Spanien im Sommer einmal mehr vor einer Blockade, die sich nur durch ein Linksbündnis oder durch eine Große Koalition wie sie der amtierende Premier Rajoy und auch C’s immer wieder gefordert und die Sozialisten abgelehnt haben, auflösen lässt.
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