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Sozialwohnungen in HamburgMehr Berechtigte, knappes Angebot

Hamburg erhöht die Einkommensgrenze für Sozialwohnungen. Damit vergrößert sich der Kreis der Berechtigten und die Konkurrenz unter Bewerber*innen.

Viel zu tun: In Hamburg wird für die steigende Zahl der Be­wer­be­r*in­nen zu wenig sozial gebaut Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Hamburg taz | Die Hamburger Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) plant, die Einkommensgrenzen für den Bezug von Sozialwohnungen zu erhöhen. Damit würde sich quasi über Nacht auch die Zahl der Anspruchsberechtigten erhöhen. Während die Linke diesen Schritt als überfällig bezeichnet, mahnt der Mieterverein zur Vorsicht: Es müsse darauf geachtet werde, dass die schwächsten Mieter durch die an sich sinnvolle Erhöhung nicht verdrängt würden.

Stapelfeldts Plan fällt in eine Zeit, in der die Zahl der Anspruchsberechtigten und der verfügbaren Wohnungen ohnehin schon weit auseinander klafft: In Hamburg haben zurzeit 339.000 Haushalte Anspruch auf eine Sozialwohnung mit 6,90 Euro Anfangsmiete pro Quadratmeter. 425.000 Haushalte haben die Berechtigung für eine Anfangsmiete von neun Euro pro Quadratmeter.

Zusammen bilden sie einen Anteil von 44 Prozent der Hamburger Haushalte – und das bei gerade einmal 80.000 geförderten Wohnungen. Wie viel mehr Berechtigte es mit Erhöhung der Einkommensgrenze geben wird, ist im Moment noch unklar. Die Behörde arbeitet derzeit noch an genaueren Zahlen.

„Wir begrüßen, wenn die Zugangsmöglichkeiten für Sozialwohnungen verbessert werden“, sagt Rolf Bosse, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Denn die Einkommensgrenze sei zu niedrig gewesen. Allerdings seien negative Effekte nicht auszuschließen, wenn der Kreis der Berechtigten vergrößert werde.

Schwerer für die Schwächsten

Vermietende, die sich eines größeren Bewerbungspools gegenüber sehen, könnten sich eventuell eher für Mie­te­r*in­nen entscheiden, die „vordergründig den Eindruck erwecken, dass sie solventer sind, oder vom Bildungsstand besser in die Hausgemeinschaft passen“, sagt Bosse. „Die, die es jetzt schon schwer haben, weil sie stigmatisiert sind in dieser Gesellschaft, werden es schwerer haben“, befürchtet der Geschäftsführer des Mietervereins.

Heike Sudmann, wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bürgerschaft, hat keine Angst vor einer erhöhten Konkurrenz unter Wohungssuchenden: „Wenn wir einer solchen Logik folgen würden, dann müssten die Einkommensgrenzen so weit runtergesetzt werden, dass wirklich nur noch 80.000 Haushalte einen Anspruch hätten.“

Sudmanns Fraktion hatte bereits im April in einem Bürgerschaftsantrag die Erhöhung der Einkommensgrenze gefordert. Damals hatte die rot-grüne Mehrheit den Antrag der Linken noch abgelehnt.

Aus Sudmanns Sicht liegen die Gründe für eine Anpassung auf der Hand: „Die Einkommensgrenzen sind das letzte Mal 2018 erhöht worden, davor zehn Jahre nicht“, sagt die Bürgerschaftsabgeordnete. „Das heißt aber, dass Sie schon, wenn Sie nur eine kleine Lohnerhöhung oder eine kleine Rentenerhöhung bekommen, aus dem Kreis der möglichen Berechtigten herausfallen.“

Wer eine Lohn- oder Rentenerhöhung bekommt, kann aus dem Kreis der Berechtigten fallen

Sudmann sieht keinen Sinn darin, den Kreis der Berechtigten klein zu halten, weil es zu wenige Wohnungen gibt, sondern fordert vielmehr: „Da es zu viele Menschen gibt, die sich in Hamburg die Miete nicht leisten können, muss es mehr günstige Wohnungen geben.“ Dabei sieht sie vor allem den rot-grünen Senat in der Verantwortung: „Eigentlich müsste es eher der Ansporn sein zu sagen: Es haben so viele Leute einen Anspruch auf eine günstige Wohnung, da muss die Stadt viel, viel, viel mehr tun.“

Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen will sich im Moment nicht zu einer mögliche Konkurrenz um Wohnraum äußern, da „die Festlegungen und Ausgestaltungen der Erhöhungen der Einkommensgrenzen in der Mietwohnraumförderung“ im Moment noch erarbeitet würden. „Die Einzelheiten, wie beispielsweise der Zeitpunkt der Erhöhungen, stehen zur Zeit noch nicht fest“, sagt Anke Hunold, die stellvertretende Pressesprecherin der Behörde.

Dass die Zahl der Sozialwohnungen so stark gesunken ist, liegt zum einen daran, dass die Sozialbindung der Wohnungen im Regelfall nach 15 bis 30 Jahren ausläuft und der Neubau lange Zeit vernachlässigt wurde. Der Senat versucht hier gegenzusteuern, indem er bei Neubauprojekten einen Anteil von mindestens 35 Prozent Sozialwohnungen vorschreibt.

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2 Kommentare

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  • 35 Prozent reichen nicht aus.

    Die SPD und die Grünen müssen dem sozialen Wohnungsbau Priorität geben.

    Es gibt dazu keine Alternative.

  • Das Gewinnmaximum für die Wohnungskonzerne liegt dort, wo man immer gerade so viele Wohnungen baut, dass der Wohnraum dennoch knapp bleibt und man die Mieten weiterhin selbst bestimmen kann.

    Warum die Politiker das nicht langsam einsehen und gegensteuern, will mir nicht mehr in den Kopf. Mir fällt nur noch ein Kotau vor den Lobbyisten ein oder das böse Wort mit K. Vermutlich ist es ja Beides.

    Bei Vonovia und DW werden nach der Ankündigung die Sektkorken geknallt haben, weil der Staat wieder ohne Gegenleistung noch mehr Geld in die Vermieter pumpt.