Sozialhilfe für Senioren: Altersarmut nimmt zu
Immer mehr Menschen im Rentenalter sind auf Sozialhilfe angewiesen. Das betrifft vor allem westdeutsche Frauen – und Ballungszentren wie Hamburg, Bremen und Berlin.
WIESBADEN/BERLIN kna/rtr | Die Zahl der Senioren, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, steigt. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, bezogen Ende 2013 rund 499.000 Personen ab 65 Jahren Leistungen der Grundsicherung. Das sind 7,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Grundsicherung im Alter entspricht dem Hartz IV für Arbeitslose. Das sind derzeit 391 Euro im Monat plus Miet- und Heizkosten.
Auf Grundsicherung sind in der Altersgruppe ab 65 Jahren insbesondere westdeutsche Frauen angewiesen: Am Jahresende bezogen in der früheren Bundesrepublik 36 von 1.000 Frauen und 27 von 1.000 Männern dieses Alters Leistungen der Grundsicherung. In den neuen Ländern einschließlich Berlin waren es 22 von 1.000 Frauen und 20 von 1.000 Männern.
Insgesamt erhielten im früheren Bundesgebiet 3,2 Prozent der über 65-Jährigen und 2,1 Prozent der Ostdeutschen dieses Alters (einschließlich Berlin) Leistungen der Grundsicherung. Spitzenreiter unter den Bundesländern waren die Stadtstaaten Hamburg (68 je 1.000 Einwohner), Bremen (59 je 1.000 Einwohner) und Berlin (58 je 1.000 Einwohner). Mit jeweils 11 Empfängern je 1.000 Einwohnern ab 65 Jahren nahm die Bevölkerung in Sachsen und Thüringen diese Leistungen am seltensten in Anspruch.
Neben den rund 499.000 Empfängern von Grundsicherung im Alter ab 65 Jahren gab es am Jahresende 2013 deutschlandweit rund 463.000 Empfänger von Grundsicherung wegen dauerhafter Erwerbsminderung im Alter von 18 bis unter 65 Jahren. Damit bezogen am Jahresende 2013 rund 962.000 volljährige Menschen in Deutschland Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) sieht die Entwicklung mit großer Sorge. „Wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, wie Altersarmut bekämpft und langfristig verhindert werden kann“, kommentiert der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler den Anstieg. „Um zu verhindern, dass es immer mehr ältere Menschen gibt, deren Rente zum Leben nicht ausreicht, muss der Niedriglohnsektor eingedämmt und ein weiteres Absinken des Rentenniveaus vermieden werden“, fordert Stadler.
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband übt Kritik an der Rentenpolitik. „Die neuerlichen Rekordzahlen sind lediglich Vorboten einer auf uns zurollenden Lawine der Altersarmut. Ab Mitte des nächsten Jahrzehnts droht ein Heer von ehemals Langzeit- und Mehrfacharbeitslosen sukzessive und unaufhaltsam in die Altersarmut zu fallen“, warnt Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Der Koalitionsvertrag werde den tatsächlichen Herausforderungen in der Alterssicherung nicht gerecht.
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