piwik no script img

Sozialgericht zu Hartz IVKein Schüler-PC vom Jobcenter

Sechstklässler klagt gegen Jobcenter: Das Sozialgericht sieht aber die Schulen in der Pflicht, den Schülern Computer bereitzustellen.

Computer in einer Grundschule Foto: dpa

Das Jobcenter muss SchülerInnen aus Familien mit Hartz-IV-Bezügen keinen Computer zur Erledigung ihrer Hausaufgaben bezahlen. Für die Bereitstellung der Geräte seien die Schulen zuständig. Am Dienstag einigten sich in einer mündlichen Verhandlung am Berliner Sozialgericht Vertreterinnen des Jobcenters, der Senatsverwaltung und die Mutter eines Schülers ohne eigenen PC darauf, dass zur Bearbeitung der Hausaufgaben die Schulcomputer ausreichen.

Der Sechstklässler, vertreten durch seine Mutter, hatte im März 2018 beim Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf die Kostenübernahme für einen Computer beantragt. Er habe seine Hausaufgaben bisher im Internetcafé erledigen müssen. Der Schulleiter des Gymnasiums bescheinigte der Behörde die Notwendigkeit eines eigenen PCs für den Schüler. Jedoch lehnte das Jobcenter die Kostenübernahme ab. Laut Landesgesetz sei es Pflicht der Schulbehörde, den Schulen und SchülerInnen nötige Lehrmittel zur Verfügung zu stellen.

Verhandlung mit Signalwirkung

Der als Zeuge geladene Schulleiter erklärte in der Verhandlung, Kinder bräuchten auch von zu Hause aus einen Zugang zu digitalen Endgeräten. Für die zum Schulabschluss anstehenden Präsentationsprüfungen müssten SchülerInnen schon vorher üben. Der ­Schuldirektor gab auch zu bedenken, dass die Verwendung der Geräte unter schulischer Aufsichtspflicht stehe.

Die VertreterInnen der Senatsverwaltung wandten ein, in dem Wilmersdorfer Gymnasium stünden 78 Computer einschließlich Notebooks zur Verfügung. Sie wiesen zudem darauf hin, dass die in den Schulcomputern eingebauten Medienschutzfilter die Aufsicht gewährleisten. Der Schulleiter räumte auf Nachfrage des Gerichts ein, dem Jungen im Rahmen der Hausaufgabenbetreuung bis 16 Uhr einen Laptop zur Verfügung stellen zu können.

Es ergab sich zudem, dass in der nahe gelegenen Stadtbibliothek ebenfalls Computer zur Bearbeitung der Schulaufgaben bereitstehen. Er betonte, dass „kein Kind ohne Computer benachteiligt werde“, und versicherte auf Nachfrage, dass der Schüler ab dem Folgetag Zugang zu einem Gerät habe. Aufgrund der Zusage sah die Klägerpartei von der Klage ab.

Im Schlusswort erklärte der Vorsitzende Richter, er hoffe, die Verhandlung habe „Pilotwirkung“ für das Schulwesen. In Berlin seien die Schulen und nicht das Jobcenter in der Verantwortung, Kindern ihren Anspruch auf Bildung zu erfüllen. Die Schulen sollten ihre Verantwortung ernst nehmen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Über 5 Millionen Hartz IV Empfänger sind in Deutschland doch schon lange Bürger dritter Klasse geworden, und jetzt merken auch die 1,7 Millionen Hartz IV Kinder, dass sie in diesem Land keine Zukunft haben werden.

    Die Jobcenter sind natürlich nicht dafür da, dass sie den 1,7 Millionen Hartz IV Kindern Computer bezahlen. Jobcenter sind dafür da, dass sie den Eltern der Hartz IV Kinder mit § 10 SGB II eine "Sanktion vermitteln" um noch mehr Geld einzusparen. Hartz IV bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen.

    Dieses momentane "Sozial"system muss neu überdacht werden - und Hartz IV muss endlich weg. Es ist eine Schande, dass in unserem reichen Land arme Kinder aus Kostengründen keine vernünftige Ausbildung mehr bekommen. Seit wir die Jobcenter haben, werden jedem Hartz IV Kind sogar die Buntstifte für die Schule vorgerechnet.

    Man kann seit Einführung der Hartz Reform frei nach Shakespeare sagen: "Es ist etwas faul im Staate Deutschland."

  • Naja andere Sozialgerichte sehen das anders und billigen einen eigenen Computer auf Kosten des Jobcenters zu:

    tacheles-sozialhil...ktuelles/d/n/2426/

    Die "Lösung" im Artikel ist auch nicht praktikabel, allein in Berlin gibt es tausende Schüler im Hartz IV-Bezug.

    Aber so sieht man wenigstens mal, wie leer die Versprechung ist Kinderarmut zu bekämpfen, bzw. "Chancengleichheit" herzustellen, nichts als leere Versprechungen.

    • @Tom T.:

      is doch praktisch - so hat mer die kids unter kontrolle.