Sozialfunktionär zu Verdienstausfällen: „Der Lohnersatz ist zu niedrig“

Betreuen Eltern ihre Kinder, können sie Lohnersatz beantragen. Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sieht da noch deutliche Reserven.

Eine Frau schaut ihrer Tochter am Laptop über die Schulter

Der Entschädigungsanspruch für Eltern soll auf zehn Wochen ausgedehnt werden Foto: Christoph Soeder/dpa

taz: Herr Schneider, wer erhält künftig wie lange und wie hoch Lohnersatz, wenn das Kind wegen Corona nicht betreut werden kann?

Ulrich Schneider: Wenn es gut läuft, geht es um den Lohnersatz bis zu zehn Wochen, bei Alleinerziehenden bis zu zwanzig Wochen. Praktisch in Analogie zum Kurzarbeitergeld können Eltern den Lohnersatz gewährt bekommen. Aber das muss erst noch beschlossen werden.

Gibt es Zahlen und Erkenntnisse, wie wichtig der Lohnersatz neben den Möglichkeiten von Kurzarbeit und Homeoffice ist?

Nein, richtig belastbare Zahlen dazu haben wir im Moment nicht. Nur eines ist schon klar: So wie der Lohnersatz jetzt ausgestaltet ist – mit 67 Prozent – kommt man wahrscheinlich nicht hin. Das können Sie sich selber ausrechnen: Wenn jemand als VerkäuferIn gearbeitet hat und sich jetzt zu Hause um die kleinen Kinder kümmern muss, wird der Lohnersatz im Zweifelsfalle nicht vor Hartz IV schützen.

Bedenken Sie, beim Lohnersatz in dieser Form geht es um Haushalte mit Kindern, keine Singlehaushalte. Es muss direkt aufgestockt werden. Deswegen sagen wir, der Lohnersatz muss vom ersten Tag – auch beim Kurzarbeitergeld – mindestens 80 Prozent betragen. Wir sagen auch, dass ein Mindestlohnersatz benötigt wird. Nach unseren Vorstellungen müsste der 1.250 Euro betragen, sonst kommt man nicht über den Monat.

Wie müssen die Eltern nachweisen, dass sie keine andere Form der Betreuung finden?

Das ist ein riesiges Problem. Überall wird das anders gehandhabt. Was ich im Moment von den Behörden wahrnehme ist aber, dass relativ großzügig verfahren wird.

Der Entschädigungsanspruch für Eltern soll auf zehn Wochen ausgedehnt werden. Bedeutet das, da der Corona-Ausnahmezustand nun schon sechs Wochen anhält, dass eine erneute Verlängerung in einem Monat nötig sein wird?

Ulrich Schneider ist ein deutscher Sozialfunktionär und seit 1999 Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Für Alleinerziehende wird der Anspruch auf zwanzig Wochen ausgedehnt. Nur wenn die Betroffenen von Anfang an Lohnersatz in Anspruch genommen haben, wäre das richtig. Wir werden, da momentan nicht von einer schnellen Lockerung im Bereich der Kinderbetreuung und Schulen ausgegangen werden kann, das Problem nicht zum letzten Mal im Bundestag behandelt haben. Das wird immer wieder neu kommen.

Welche weiteren Hilfen sind angedacht und was ist für Eltern geplant, die durch die Corona-Krise ihren Job verloren haben?

Im Moment kann ich nichts erkennen, was bundesregierungsseitig noch geplant wäre. Was dringend noch fehlt ist eine Hilfe für die, die momentan in Grundsicherung sind. Für solche Eltern gibt es erst einmal lediglich die ganz normalen Lohnersatzleistungen, sprich Arbeitslosengeld 1. Wenn darauf kein Anspruch bestehen sollte, weil Vorbeschäftigungszeiten zu kurz waren, bleibt leider nur der Gang zu Hartz IV.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.