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Sozialdemokratie und EU-WahlenMacrons neuer Fan

SPD-Spitzenkadidat Udo Bullmann dient sich bei Frankreichs Staatschef an. Denn: Den Sozialdemokraten steht das Wasser bis zum Hals.

Hat noch einen Platz am Tisch frei: Udo Bullmann auf EU-Wahlkampftour in Berlin Foto: dpa

Brüssel taz | Eine Woche vor Beginn der Europawahl hat der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Udo Bullmann, einen möglicher-weise entscheidenden taktischen Schwenk angedeutet. Nach-dem sich der SPD-Politiker früher vehement gegen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und dessen „neoliberale und unsoziale“ Politik ausgesprochen hatte, will Bullmann nun ein „progressives Bündnis“ mit Macron und den Liberalen im EU-Parlament nicht mehr ausschließen.

„Macron ist kein Sozialist, aber warum sollten wir nicht mit ihm reden?“, sagte Bullmann, der auch Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl in Deutschland ist, bei einem Pressegespräch in Brüssel. Die entscheidende Frage sei, „ob Macron in der Lage ist, sein Versprechen für eine progressive Politik einzulösen.“ In diesem Fall könne es nach der Europawahl zu einer „progressiven Allianz“ unter Einschluss der Liberalen kommen.

Die Sozialdemokraten treten europaweit mit dem Niederländer Frans Timmermans an. Da sie in den Umfragen weit hinter dem konservativen deutschen Spitzenkandidaten Manfred Weber liegen, werden ihnen bisher kaum Chancen auf einen Wahlsieg eingeräumt.

Allerdings kann auch Weber nur dann auf eine Mehrheit im neuen Europaparlament hoffen, wenn er die Sozialdemokraten und eine dritte Gruppe – wahrscheinlich die Liberalen oder die Grünen – auf seine Seite zieht.

Frischer Wind

Die Liberalen sind jedoch immer mehr von Weber abgerückt. Zuletzt hat Macron sogar erklärt, er wolle die Vormacht der konservativen Europäischen Volkspartei in der EU brechen und mit einer neuen liberalen Bewegung für frischen Wind sorgen. Genau darauf setzen nun offenbar die Sozialdemokraten. Wenn es ihnen gelingt, sich mit Macrons „neuen“ Liberalen, den Grünen und Linken zusammenzutun, könnten sie eine eigene Mehrheit links der Mitte erlangen.

Bullmann zeigte sich auch offen für schnelle Personalentscheidungen. Er habe kein Problem damit, wenn sich die Staats- und Regierungschefs wie geplant zwei Tage nach der Europawahl zu einem Sondergipfel in Brüssel treffen, um ein Personalpaket zu schnüren. Im Mittelpunkt müssten aber progressive Inhalte stehen.

„Wir wollen einen neuen Sozialvertrag, der den Klimawandel und die Armut bekämpft“, sagte er. „In Südeuropa höre ich oft, dass sich die Menschen ein progressives Bündnis von (Alexis) Tsipras bis Macron wünschen. Wir werden sehen, ob das möglich ist“.

Durch die Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl verspüren die Genossen derzeit unverhofften Rückenwind. Denn Labour hält sich auf der britischen Insel trotz des Brexit-Debakels noch recht gut, während die konservativen Tories in den Umfragen abschmieren.

Weit abgeschlagen

Zudem sind die Tories nicht Mitglied der konservativen EVP-Fraktion von Weber. Einen Stimmenzuwachs für die Sozialdemokraten erwarte er auch in Portugal, Spanien und Italien, sagte Bullmann. Auch in Deutschland könne die SPD sich wieder erholen.

Allerdings liegen die deutschen Genossen derzeit weit abgeschlagen hinter den Grünen. Neben Macron könnte deshalb auch die Öko-Partei zum „Königsmacher“ werden. Die Grünen verzeichnen auch in Belgien und Luxemburg kräftige Zuwächse.

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