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Sozialdemokraten suchen VorsitzendeWeil will nicht SPD-Chef werden

Niedersachsens Ministerpräsident verzichtet auf eine Kandidatur zum Parteivorsitz. Er unterstützt stattdessen Lars Klingbeil.

Will lieber Ministerpräsident bleiben: Stephan Weil Foto: dpa

BERLIN taz | Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil verzichtet auf eine Kandidatur als SPD-Vorsitzender. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet, teilte Weil dies am Wochenende in einer Telefonkonferenz den drei kommissarischen SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel mit. Der niedersächsische Ministerpräsident will stattdessen SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil bei dessen Bewerbung unterstützen. Bestätigt hat Weil die Meldung des RND bisher nicht.

Weil galt für eine Reihe von Sozialdemokraten als Wunschkandidat für den Parteivorsitz. Der 60-Jährige holte bei der Landtagswahl 2017 in Niedersachsen 36,9 Prozent und gilt daher als einer der letzten Sozialdemokraten, die noch Wahlen gewinnen können. Dabei half ihm allerdings auch die Gunst der Zeit: Die Niedersachsen-Wahl lag drei Wochen nach der Bundestagswahl. Noch im Sommer lag Weils SPD in Umfragen deutlich hinter der CDU, dann folgte die Niederlage der SPD auf Bundesebene und das Bekenntnis Martin Schulz’ zur Opposition.

Auf Schulz als Parteichef folgte Andrea Nahles; wer nun auf Nahles folgt, will die SPD endgültig im Dezember auf einem Bundesparteitag entscheiden. Als Kandidat wäre Weil ein Risiko eingegangen: Ein Scheitern hätte auch sein Gewicht als Ministerpräsident beschädigt.

Klingbeil werden Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt, seine Kandidatur hat er bisher aber nicht verkündet. Am 1. September läuft der Meldeschluss für Bewerbungen ab. Bisher haben nur zwei Bewerberpaare aus der zweiten Reihe, die dem linken oder linksliberalen Flügel zugerechnet werden, ihre Kandidatur erklärt: Karl Lauterbach und Nina Scheer sowie Michael Roth und Christina Kampmann.

Klingbeil gehört zum Seeheimer Kreis, dem Zusammenschluss des rechten Flügels der SPD, gibt sich als Generalsekretär aber mittig. Die rechte Flanke abdecken könnte eher Boris Pistorius, wie Klingbeil Niedersachse. Als Innenminister plädierte er etwa für ein Messerverbot im öffentlichen Raum oder dafür, straffällige Asylbewerber abzuschieben.

Laut RND soll er über eine gemeinsame Kandidatur mit Petra Köpping nachdenken. Die sächsische Integra­tions­ministerin hatte 2018 mit ihrer Streitschrift für den Osten „Integriert doch erst mal uns!“ für Aufsehen gesorgt. Pistorius und Köpping könnten die Traditionsklientel der SPD ansprechen, die den Sozialdemokraten in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt hat.

Ähnliches gilt auch für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, die ihre Kandidatur bisher ebenfalls nicht ausgeschlossen hat. Ihr steht aber im Weg, dass ihre Dissertation von der FU Berlin derzeit wegen möglicher Pla­giate untersucht wird.

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10 Kommentare

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  • Da es in der SPD sowieso keine Sozialemokraten mehr gibt, ist es ziemlich egal, ob Lauterbach, Klingbeil oder sonstwer den Laden übernimmt. Gäbe es bei Wahlen nicht überall so viele Nichtwähler würden auch die, die dem Verein immer noch die Treue halten, sehen wo er steht.

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Tut sich nichts. Mal sehen:(alles Bezug SPD) :www.youtube.com/watch?v=2iKso30v3ns

  • wie wärs mal mit nem neuen Parteivorstand... einer der nix mit der Agenda zu tun hatte.Mal unverbrannte Namen?

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Wenn es zum Abgang kommt:



    www.youtube.com/watch?v=nhtvB2cOA0c



    Ist das nicht schön...?

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Herr Klingbeil fällt auch unter die Kategorie: Wir müssen jetzt zur Sacharbeit zurückkehren und die erfolgreiche Koalitionsarbeit fortführen.



    Das sind diese Traumsätze, die die 9%(Flasche kalt) möglich machen. Auch das Beispiel einer Journalistin mit Lorios NUDEL(Bezug SPD) hat mich erheitert.

  • Das Problem der SPD ist die SPD. Schon unter Brandt wurde begonnen, die Diskussionen in der SPD zu unterbinden. der "Radikalenerlass" richtete sich vordergründig gegen die DKP, der man (zu Unrecht) Sympathien für die RAF unterstellte. De facto ging es aber darum, bestimmte Denkrichtungen, die in den Jusos zu Hause waren und in ähnliche Richtungen wie die DKP gingen, aus der SPD hinauszudrängen.



    Als dann der Deutsch-Nationale Schmidt das Kommando übernommen hatte, ging das mit NATO-"Doppelbeschluss" munter weiter.



    Inzwischen sind in der SPD keine Leute mehr, die irgendeine politische Idee hätten, die nicht Bertelsmann-kompatibel ist. Die SPD ist ein neoliberaler Wahlverein ohne jede eigene politische Kompetenz.



    Und Die Linke ist das inzwischen, Dank ausreichender Übermacht ehemaliger SPDler, inzwischen auch.

  • Er wäre der einzige, der den Laden in den Griff kriegen könnte. Eigentlich ist er schlichtweg der einzig denkbare Kandidat. Klingbeil ist ein Weiter- so- Witz, alle anderen haben überhaupt keine Basis, weder inhaltlich beim Parteivolk, noch in den Parteistrukturen. Wenn Weil nicht will dann ist das so, einen Klingbeil zu unterstützen ist aber jämmerlich. Dann wartet man nur auf den Moment bis SPD und CDU zusammen keine Mehrheit mehr haben, bis die SPD endlich überflüssig ist und es keinen Grund mehr gibt sie zu wählen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ich kann Herrn Weil nur zu gut verstehen. Wer möchte schon das Kommando auf einem untergehenden Schiff übernehmen? Das wäre ein Spezialauftrag für Loser, Weltenretter, Masochisten oder 'positiv Bekloppte'. Am Besten alles zusammen.

    Von Calli habe ich lange nichts mehr gehört. Und mich hat noch keiner gefragt. Aber ich sage es mal hier in der lauschigen taz-Ecke: ich bin käuflich. Der Preis muss allerdings stimmen. Unter einem 1 Cent mache ich es nicht. Ehrlisch.

    ^^

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Ach, ich habe mich auch schon beworben. Keine Reaktion. Die wollen nicht gerettet werden, die wollen sich ihre alten Geschichten erzählen und warten auf das Ende. Zu den Linken wechselt da auch keiner mehr, wenige zu den Grünen, mancher noch zur AFD, aber die Mehrheit der Mitglieder wird sich wohl mit ihrer Partei verabschieden.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Benedikt Bräutigam:

        Tanz der Lemminge 2.0?