Sozialdemokraten suchen Vorsitzende: Weil will nicht SPD-Chef werden
Niedersachsens Ministerpräsident verzichtet auf eine Kandidatur zum Parteivorsitz. Er unterstützt stattdessen Lars Klingbeil.
Weil galt für eine Reihe von Sozialdemokraten als Wunschkandidat für den Parteivorsitz. Der 60-Jährige holte bei der Landtagswahl 2017 in Niedersachsen 36,9 Prozent und gilt daher als einer der letzten Sozialdemokraten, die noch Wahlen gewinnen können. Dabei half ihm allerdings auch die Gunst der Zeit: Die Niedersachsen-Wahl lag drei Wochen nach der Bundestagswahl. Noch im Sommer lag Weils SPD in Umfragen deutlich hinter der CDU, dann folgte die Niederlage der SPD auf Bundesebene und das Bekenntnis Martin Schulz’ zur Opposition.
Auf Schulz als Parteichef folgte Andrea Nahles; wer nun auf Nahles folgt, will die SPD endgültig im Dezember auf einem Bundesparteitag entscheiden. Als Kandidat wäre Weil ein Risiko eingegangen: Ein Scheitern hätte auch sein Gewicht als Ministerpräsident beschädigt.
Klingbeil werden Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt, seine Kandidatur hat er bisher aber nicht verkündet. Am 1. September läuft der Meldeschluss für Bewerbungen ab. Bisher haben nur zwei Bewerberpaare aus der zweiten Reihe, die dem linken oder linksliberalen Flügel zugerechnet werden, ihre Kandidatur erklärt: Karl Lauterbach und Nina Scheer sowie Michael Roth und Christina Kampmann.
Klingbeil gehört zum Seeheimer Kreis, dem Zusammenschluss des rechten Flügels der SPD, gibt sich als Generalsekretär aber mittig. Die rechte Flanke abdecken könnte eher Boris Pistorius, wie Klingbeil Niedersachse. Als Innenminister plädierte er etwa für ein Messerverbot im öffentlichen Raum oder dafür, straffällige Asylbewerber abzuschieben.
Laut RND soll er über eine gemeinsame Kandidatur mit Petra Köpping nachdenken. Die sächsische Integrationsministerin hatte 2018 mit ihrer Streitschrift für den Osten „Integriert doch erst mal uns!“ für Aufsehen gesorgt. Pistorius und Köpping könnten die Traditionsklientel der SPD ansprechen, die den Sozialdemokraten in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt hat.
Ähnliches gilt auch für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, die ihre Kandidatur bisher ebenfalls nicht ausgeschlossen hat. Ihr steht aber im Weg, dass ihre Dissertation von der FU Berlin derzeit wegen möglicher Plagiate untersucht wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“