Sowjetische Kriegsgefangene: 2.500 Euro nach 70 Jahren
Deutschland zahlt erstmals eine Entschädigung für Rotarmisten. 106 ehemalige Kriegsgefangene erhalten Geld. 800 Anträge sind noch offen.

Insgesamt waren während des Zweiten Weltkriegs mehr als fünf Millionen Sowjetsoldaten in deutsche Gefangenschaft geraten. Über die Hälfte davon starb in Lagern an Hunger, Krankheiten oder durch Erschießung.
Der Bundestag beschloss dennoch erst nach jahrzehntelanger Debatte, die Überlebenden zu entschädigen. Dass bislang nur einige Hundert der Betroffenen einen Antrag eingereicht haben, dürfte nicht zuletzt einen Grund haben: Inzwischen sind nur noch wenige von ihnen am Leben.
In einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion beteuert die Bundesregierung nun, alles Nötige unternommen zu haben, um die noch lebenden Opfer über ihren Anspruch zu informieren. So habe man Verteidigungsministerien und Veteranenverbände in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion angeschrieben.
„Öffentliches Zeichen setzen“
Die deutschen Botschaften und Konsulate hätten ein entsprechendes Merkblatt auf ihre Internetseiten gestellt. Zudem seien sie angewiesen, Betroffene beim Ausfüllen des vierseitigen Antragsformulars zu unterstützen. Die Regierung bezeichnet diese Maßnahmen als „umfassend und ausreichend“.
Anders sieht es Linken-Fraktionsvize Jan Korte, der sich im Bundestag für die Entschädigung eingesetzt hatte. „Die aktuellen Zahlen der Antragstellung und Bewilligung beunruhigen mich. Ich denke, sie geben allen Anlass zu überlegen, wie wir die Betroffenen noch besser erreichen können. Dass die Bundesregierung hier keinen Nachholbedarf sieht, wundert mich.“
Korte schlägt vor, zum 75. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion im Juni ein „öffentliches Zeichen zu setzen“ – zum Beispiel durch eine feierliche Übergabe der Entschädigung an einige der Antragsteller.
Laut dem Verein „Kontakte-Kontakty“, der sich von Berlin aus für NS-Opfer in Osteuropa einsetzt, funktioniert die Auszahlung der Entschädigung bisher „erstaunlich gut“. Wie viele der Betroffenen noch nichts vom Entschädigungsprogramm wissen, könne man jedoch naturgemäß nicht sagen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen