Sondierungsgespräche nach Berlin-Wahl: Viel Konjunktiv, wenig Inhalt

Nach Gesprächen mit der CDU haben SPD und Grüne erstmals mit der Linkspartei über eine Fortsetzung der bisherigen rot-grün-roten Koalition geredet.

Das Foto zeigt Bettina Jarasch, Klaus Lederer und Franziska Giffey vor einem Sondierungsgespräche in Berlin.

Ein gemeinsames Lächeln vor dem Sondierungsgespräch von Rot-Grün-Rot: Jarasch, Lederer und Giffey Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist durchaus einiges an Konjunktiv zu hören vor dem Haus in der Müllerstraße 163 im Weddding, in dem der Berliner Landesverband der SPD residiert. Hier haben in den Stunden zuvor bis zum Dienstagabend Sozialdemokraten, Grüne und die Linkspartei über eine Fortsetzung ihrer bisherigen Koalition geredet. Nun stehen ihre führenden Köpfe auf dem Bürgersteig vor über einem Dutzend Journalisten und schildern, eine Partei nach der anderen, ihre Sicht auf das Treffens. „… wenn wir weiter machen würden“, ist etwa von der grünen Delegationschefin Bettina Jarasch zu hören, und bei der SPD klingt, untermalt vom Lärm vorbei rauschender Autos, auch manches nach „wäre“ und „müsste“.

Vier Tage, nachdem die CDU als Wahlsiegerin SPD und Grüne zu getrennten Sondierungen eingeladen hat, also zu Vorgesprächen über eine Regierungsbildung, haben damit auch die bisherigen Koalitionspartner nach zahlreichen informellen Gesprächen erstmals offiziell zusammen gesessen. Die Darstellung dieser drei Stunden ist dabei durchaus unterschiedlich. Während von der Linkspartei zu hören ist, in die inhaltliche Analyse werde man erst bei einem zweiten Treffen am Donnerstag einsteigen, ging es laut SPD-Co-Landeschefin Franziska Giffey durchaus schon um Inhalte. „Selbstverständlich kann man eine Diskussion über Gründe nicht führen, ohne über Themen zu sprechen“, sagt die seit 2021 amtierende Regierende Bürgermeisterin. Allen sei klar, dass es Veränderungen geben müsse, sowohl inhaltlicher Art als auch im Umgang miteinander.

Auf Bürgersteigen vor Gebäuden stehend äußern sich Politiker gern, weil dann der Abgang leichter fällt als aus einem Pressekonferenzraum, wenn Journalisten sich mit wenig ergiebigen Antworten nicht zufrieden geben und nachhaken. Das ist am Dienstagabend nicht anders, und am eiligsten haben es Linkspartei und Grüne, sich zu verabschieden. Auf die Frage, ob es moralisch vertretbar sei, wenn Rot-Grün-Rot trotz klarer Verluste weiter macht, kontert Linkspartei-Landeschefin Katina Schubert: „Haben Sie sich mal die Mehrheitsverhältnisse im Parlament angeschaut? Rot-Grün-Rot ist die Kombination mit der bei Weitem größten Mehrheit.“ Für Kultursenator Klaus Lederer, Spitzenkandidat bei der Wahl am 12. Februar und Jurist, wäre eine Fortsetzungen des bisherigen Bündnisses „total legitimiert“.

„Nachdenklich“ ist ein Wort, das in den Stellungnahmen aller drei Parteien auftaucht, mal gepaart mit „ernsthaft“, mal mit „selbstkritisch“. Von Raed Saleh, Giffeys Co-Vorsitzender an der Spitze der SPD, ist zu hören, man habe „in der Sache durchaus hart“ über das Wahlergebnis diskutiert. Bei der hatten alle drei bisherigen Koalitionspartner gegenüber der für ungültig erklärten Wahl vom 26. September 2021 verloren.

Verluste bei allen drei Regierungsparteien

Am meisten gilt das für die SPD, die um drei Prozentpunkte auf 18,4 Prozent absackte, ihr schlechtestes Berliner Ergebnis seit dem 2. Weltkrieg, am wenigsten die Grünen, die einen halben Prozentpunkt verloren, und ebenfalls auf 18,4 Prozent kamen. Vorn liegt die SPD bloß, weil sie nach bisherigem Stand landesweit 113 Stimmen – von insgesamt über 1,5 Millionen – mehr bekommen hat als die Grünen.

Ob es dabei bleibt und in einem fortgesetzten links-grünen Bündnis tatsächlich weiter die SPD die Regierungschefin stellen würde, bleibt mindestens bis Montag offen. Dann tagt der Landeswahlausschuss und stellt nach zahlreichen Kontrollen und Überprüfungen in den Bezirken das amtliche Endergebnis der Wahl fest. Die Regierungsbildung verzögert das laut Giffey nicht: Die Sondierungen würden ohnehin bis nächsten Montag laufen – „vorher könne wir nichts sagen.“

Für die Grünen, nach wenigen Sätzen von Jarasch für die Journalisten auch schnell weg von der SPD-Zentrale, folgt am Mittwochmorgen die nächste Sondierung: Sie sitzen dann neben dem Ex-Gasometer in Schöneberg zum zweiten Mal mit der CDU zusammen. Donnerstag ist dann wieder Rot-Grün-Rot angesagt, bevor am Freitag die CDU ein drittes Mal mit der SPD sprechen will.

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