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Sondierungen in BerlinDie SPD muss Mut beweisen

Bert Schulz
Kommentar von Bert Schulz

Am Freitag will die SPD sagen, mit wem sie Dreiergespräche führen möchte. Eine Ampel liegt nahe – ist aber die schlechteste aller Optionen.

Wohin wird ihr Weg führen und mit wem? Franziska Giffey auf dem Weg in die SPD-Zentrale Foto: dpa

A m Freitag will die SPD bekannt geben, mit welchen Parteien sie Dreiergespräche führen will in Vorbereitung von Koalitionsverhandlungen. Diese Entscheidung ist keine so eindeutige Festlegung wie im Bund, wo alle Signale auf eine Ampel hindeuten: Denn es ist möglich, dass Berlins Sozialdemokraten mehrere Dreierrunden anberaumen. Aber natürlich ist klar: Wenn mit Grünen und FDP zuerst verhandelt wird, wäre das ein Zeichen.

Viel deutet darauf hin, dass der Bund für Berlin Vorbild sein wird. Inhaltlich wäre Franziska Giffey in vielen Punkten sicher noch besser bei CDU und FDP aufgehoben; aber ein Bündnis mit der Union ist der Basis kaum vermittelbar. Da die Spitzenkandidatin bekanntlich wenig für die Linkspartei übrig hat, bliebe als klassischer formaler wie inhaltlicher Kompromiss die Ampel. Dieser Entscheidung könnten sich – auch wenn die Jusos und viele Kreisverbände gerade noch mal deutlich für Rot-Grün-Rot trommeln – weder die Sozialdemokraten verschließen noch die Grünen.

Doch anders als im Bund ist die Ampel nicht die naheliegendste Option, sondern die schlechteste, schlicht weil deren Kompromisscharakter auf allen Ebenen deutlich wird. Die FDP hat in den vergangenen 20 Jahren nicht einen einzigen Grund geliefert, warum sie Politik in Berlin mitgestalten sollte: Inhaltlich fehlt ihr jenseits von Parolen jedes Profil, personell sieht es noch schlimmer aus. Man nimmt sie nur ins Boot, weil sie noch da ist.

Mutige Vergangenheit

Die SPD sollte bei ihrer Entscheidung zudem eine bisher wenig beachtete Dimension bedenken: die historische. Berlin ist in den vergangenen 20 Jahren zu dieser offenen, globalen, weltweit beliebten Metropole geworden, weil die Sozialdemokraten unter Klaus Wowereit und später Michael Müller mit ihren Koalitionen etwas gewagt haben.

Es waren linke Bündnisse, die sich der drastischen Probleme der Stadt annahmen; die weitreichende, teils harte Entscheidungen treffen mussten. Diese Probleme nahmen wieder zu, als die SPD sich 2011 nicht traute, ein solches mutiges Bündnis einzugehen und mit der CDU die Stadt fünf Jahre lang lediglich verwaltete – viele Schwierigkeiten heute sind auf jene Zeit zurückzuführen.

Durch eine Kompromisstruppe aus SPD, Grünen und FDP, in der sich die Parteien nur gegenseitig tolerieren statt gemeinsam zu gestalten, droht Berlin grauer Stillstand. Denn auch jetzt stehen weitreichende, teils harte Entscheidungen an – etwa beim Klimaschutz und beim Verkehr. Anders als im Bund bietet sich in Berlin die Möglichkeit für eine klare Zukunftsaussage: Entweder hin zur konservativen Deutschland-Revuenummer oder weiter mit Rot-Grün-Rot. Die SPD muss jetzt mutig sein!

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Bert Schulz
Ex-Leiter taz.Berlin
Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.
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3 Kommentare

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  • Es sind aber auch linken Berliner Bündnisse die das Volk mit Opium betäuben (=Enteignung) , um von der eigenen Unfähigkeit in Berlin Wohnraum zu bauen -Platz gibt es mehr als genug- abzulenken !

    • @Flocke:

      Und es gibt ziemlich viele Berliner;innen die das gut finden.

  • Den hier angedrohten Stillstand in der Politik haben wir doch gerade in der vergangenen Legislaturperiode erlebt. Die Koalitions"partner" haben sich gegenseitig blockiert und überfällige Rauswürfe durfte es nicht geben.

    Das Ganze mündete darin, dass sich der Bürgermeister bereits vor drei Jahren von der Stadtpolitik verabschiedet und statt dessen lieber Bundespolitik betrieben hat. Selbst so etwas eingeübtes wie einen Mietenspiegel hat die Stadt nicht mehr hinbekommen.

    Eine Fortsetzung dieses Debakels hätte also nichts mit Mut zu tun.