Somalia-Solidarität auf Twitter: Trauer mit zweierlei Maß
Hunderte Menschen erklären sich auf Twitter solidarisch mit den Terroropfern in Mogadischu. Beklagt werden hingegen zögerliche Reaktionen aus Europa.
In aller Welt werden die 270 Todesopfer und hunderte Verletzte der Terroranschläge betrauert. Auch die Politik solidarisiert sich: Durch Regierungssprecher Steffen Seibert drückt auch Kanzlerin Angela Merkel ihre Anteilnahme mit den Opfern des Terroranschlag von Mogadischu aus: „Wir denken an die Angehörigen der Toten und an die Verletzten.“
Damit folgt die Kanzlerin ihrem Amtskollegen aus Frankreich, Emanuel Macron, der noch am Sonntag per Twitter seine Solidarität mit Somalia und der Afrikanischen Union im Kampf gegen islamistische Terrororganisationen kundtat. Auch die Türkei, Kanada, Großbritannien und die USA haben ihre Anteilnahme mit den Opfern erklärt.
Viel zu langsam, viel zu zögerlich und viel zu selten seien die Reaktionen aus Politik und Gesellschaft, beklagen hunderte Nutzer auf Twitter. Unter den Hashtags #PrayForMogadishu und #JeSuisMogadishu in Anlehnung an die Hashtag #JeSuisCharlie und #PrayForManchester wird auch die nicht ausreichende Berichterstattung über das Attentat in Mogadischu bemängelt.
Mogadischu nicht weiß genug?
„Ist Somalia zu weit von „unserer Welt“ um Solidarität zu verdienen?“ fragt eine Nutzerin aus Schweden, „Ist #JeSuisMogadishu euch nicht weiß genug?“ das Muslim Public Affairs Committee aus Großbritannien.
Als beim Anschlag in Manchester am 22. Mai 2017 23 Menschen getötet wurden, unterbrach die Nachricht auch in Deutschland den medialen Alltag. Die Solidarisierung erfolgte nicht nur von Vertreter_innen aller politischer Parteien, sondern auch von mehreren Bundesministerien. Eine Wahlkampfveranstaltung von Angela Merkel und Horst Seehofer wurden abgesagt. Stattdessen äußerte sich die Kanzlerin persönlich.
Genau diese Unterschiede in den Reaktionen und in der Berichterstattung vermitteln bei vielen das Gefühl, dass die Opfer des islamistischen Terrors in Mogadischu „Opfer zweiter Klasse“ seien. „Was ich aus #MogadishuTruckBomb gelernt habe, ist das Medien im Westen rassistisch und Empathie im Westen selektiv ist.“, schreibt ein syrischer Twitter-Nutzer aus London. Die Kommentare drücken eine breite Frustration darüber aus, dass Empathie offenbar nach nationaler und religiöser Zugehörigkeit vergeben wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis