Solidarität mit linken Hausprojekten: Koepi bleibt Risikokapital

Trotz aufgeheizter Stimmung gab es nur wenige Zwischenfälle: Die antikapitalistische Solidemo für linke Hausprojekte war gut besucht.

Ganz in schwarz: Protestkundgebung für den Erhalt linksalternativer Hausprojekte Foto: Christian Mang

BERLIN taz | „Staat und System sind einfach scheiße, denn sie nehmen uns systematisch die wenigen Räume weg, in denen wir uns entfalten können!“, ruft eine junge Frau mit türkisem Spikes-Haarschnitt auf dem Gendarmenmarkt aus, diesem herrschaftlichen Platz in der Mitte Berlins. Sehr ortsuntypisch sitzen an diesem Samstagabend fast ausschließlich schwarz gekleidete Menschen auf den Treppen des Französischen Doms und des Konzerthaus Berlins. In kleineren Gruppen warten sie auf den Beginn der „Don’t wait until it’s too late, this capitalist take over must stop!“-Demonstration, dem Auftakt des Protestwochenendes für den Erhalt des linken Hausprojekts „Koepi 137“.

Der Platz wird von Blaulicht umzingelt. Insgesamt waren nach Polizeiangaben 550 Beamte im Einsatz, am Protestzug hätten sich „in der Spitze 2.400“ Menschen beteiligt. Neben Startpunkt und dem Demobeginn um halb 9 Uhr abends wird wohl auch der Demoaufruf, der mit einer Taktikbeschreibung für autonomes Protestieren einherging, aufseiten der Polizei Alarmglocken ausgelöst haben. Seit Anfang an wurden die Protestierenden beidseitig von behelmten Po­li­zis­t:in­nen begleitet.

Anlass der Demonstration war die Ankündigung des Eigentümers der Koepi, der Startezia GmbH, den dem Wohnhaus vorgelagerten Wagenplatz auf dem seit 1990 besetzten Gelände räumen lassen zu wollen. Bisher hatten nur die Be­woh­ne­r:in­nen des Wohnhauses legale Mietverträge erhalten. Schon mehrfach konnte die Koepi Räumungsversuche abwenden, weshalb linke Kreise das Areal liebevoll als „Risikokapital“ bezeichnen.

Von der Markgrafenstraße ausgehend setzte sich der Protestzug schnellen Schrittes in Bewegung; skandiert wurden antikapitalistische, polizeikritische und antifaschistische Slogans. Transparente forderten etwa „Freiheit“ durch „Staatszerlegung“ oder der „Repression“ mit „Feuer und Flamme“ zu begegnen. Trotz aufgeheizter Stimmung kam es nur zu wenigen Zwischenfällen.

Auch normale Mie­te­r:in­nen betroffen

In der Charlottenstraße ereigneten sich kurzzeitig Scharmützel, als Beamten Demonstrierende vom Gehsteig zu drängeln versuchten. Gelegentlich wurde Pyrotechnik gezündet, gegen Ende flogen aus dem Frontblock auch einzelne Böller in Richtung Polizei. Nach Polizeiangaben wurden dabei 6 Po­li­zis­t:in­nen verletzt, zwei mussten im Krankenhaus behandelt werden.

„Wir erleben in Berlin einen der größten Verdrängungsprozesse der letzten Jahrzehnte“, erzählte ein circa dreißigjähriger Mann dem Reporter zu Beginn der Veranstaltung. Räumungen beträfen nicht nur linke Projekte, auch ganz normale Mie­te­r:in­nen würden inmitten der Pandemie auf die Straße gesetzt. „Es geht auch um Jugendräume wie die Potse oder Keimzelle“, fügte ein vielleicht 17-jähriges Mädchen hinzu. Diese Räume verschwänden, „nur um Platz für irgendeinen Kommerz zu schaffen“. An eine Verhinderung der Räumung glaubt dagegen kaum jemand, am Ende setze sich der Kapitalismus ja doch meistens durch, so der Tenor. Dennoch sei es wichtig, die Wut über diese Entwicklung kollektiv nach außen zu tragen.

Am Blücherplatz angekommen, wurde die bis hierhin kämpferische Demonstration durch die Ver­an­stal­te­r:in­nen schlagartig aufgelöst. Gleich am Sonntag um 13.00 Uhr ging das Protestwochenende aber weiter, in Form einer Kundgebung vor der Koepi zwischen Adalbertstraße und Schillingkreuzung. Der Kampf um die Koepi hat gerade erst begonnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.