Solidarität mit Myanmar: Unterstützung aus Deutschland
Auch hierzulande gibt es Möglichkeiten, sich gegen den Militärputsch in Myanmar zu engagieren. Erste Proteste hat es schon gegeben.
In der Villa, die noch ein deutsches Firmenschild trägt und nicht als diplomatische Adresse zu erkennen ist, hat Myanmars Militärattaché Aung Kyaw Moe seinen Wohn- und Dienstsitz. Nach den Recherchen der Organisator:innen des Protests residiert der Brigadegeneral hier mit sechs weiteren Soldaten aus Myanmar.
Einer von ihnen fotografiert die Demonstrant:innen vor dem Haus mit einem Teleobjektiv erst aus einem Fenster, dann aus der Dachluke heraus. Die Demonstrant:innen, je zur Hälfte Birmesen und Deutsche, sind wegen ihrer Masken gegen Corona und der Mützen gegen die Kälte ohnehin kaum zu identifizieren. Sie filmen mit ihren Handys zurück. Mit Abstand schaut eine Handvoll Polizisten zu, von denen der eine mit den Ohrenstöpseln besonders entspannt wirkt.
Es ist bereits die zweite friedliche Protestaktion in Berlin seit dem Putsch vom 1. Februar in Myanmar. Schon am 4. Februar hatten 150 Menschen vor dem Auswärtigen Amt in Mitte gegen die Machtübernahme der Militärs in Myanmar demonstriert.
Kampagne zur Ausweisung des Militärattachés
Unmittelbar nach dem Coup d’Etat hatten ehemalige Mitarbeiter:inen des zivilen Friedensdienstes bei Facebook eine Gruppe namens „German Solidarity with Myanmar Democracy“ gegründet. Sie haben sich inzwischen mit in Deutschland lebenden birmesischen Studierenden vernetzt.
Die Republik der Union Myanmar besteht aus 7 Staaten (ethnischer Minderheiten), 7 Regionen und der 2005 eingeweihten Hauptstadt Naypyidaw als Unionsterritorium.
Einwohner: 57 Millionen
Militär: 380.000 (geschätzt)
Bevölkerung: 135 Ethnien: Birmanen (68 Prozent), Shan (9), Karen (7), Rakhine (3,5), Chinesen (3), Inder (2)
Religion: Buddhisten (88 Prozent), Christen (6), Muslime (4)
Lebenserwartung: 69,6 Jahre
Alphabetisierung: 75,5 (rückläufig)
Pro-Kopf-BSP: 5.142 Dollar
Armutsrate: 25,6 Prozent
Exporte: China (36,5 Prozent), Thailand (21,8), Japan (6,6), Singapur (6,4), Indien (5,9): Gas, Holz, Fisch, Reis, Kleidung, Edelsteine
Importe: China (31,4 Prozent), Singapur (15), Thailand (11,1), Saudi-Arabien (7,5): Stoffe, Ölprodukte, Dünger, Maschinen, Fahrzeuge
Die Facebookgruppe wuchs innerhalb von zwei Wochen auf 290 Mitglieder an, tauscht tägliche Informationen aus und mobilisiert gerade für eine Kampagne zur Ausweisung des myanmarischen Militärattachés.
Trotz jahrzehntelanger Diktatur ist Myanmar kein Land der klassischen Solidaritätsarbeit in Südostasien wie etwa die Philippinen, wo dies durch kirchliche Verbindungen entstand.
Die birmesische Diaspora verstand es zudem schon nach dem letzten Putsch 1988, mit ihren notorischen Fraktionskämpfen und gegenseitigem Missstrauen manch wohlmeinende Deutsche zu verprellen.
Informations- und Projektarbeit
Die Burma-Initiative der Stiftung Asienhaus in Köln konzentriert sich auf Informationsvermittlung und eine kritische Begleitung der deutschen und europäischen Politik gegenüber dem Land. Schon seit dem Jahr 2000 für ein ganz konkretes Projekt engagiert sich der Förderverein Myanmar in Saarbrücken. Er unterstützt mit seinen 500 Mitgliedern in Mandalay eine buddhistische Klosterschule.
Sie bietet Kindern aus benachteiligten Schichten Bildungsmöglichkeiten von der Kita bis zum Abi und ist mittlerweile sogar die größte Schule des Landes. Sie ist offen für Kinder anderer Religionen und mit ihrer Betonung von Aufklärung, Pluralismus und modernen Lehrmethoden inzwischen eine Modellschule.
Es verwundert deshalb nicht, dass sich auch Schüler:innen dieser Klosterschule an den Protesten gegen die Militärherrschaft beteiligen, wie der deutsche Förderverein auf seiner Webseite berichtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Verbotskultur auf Social Media
Jugendschutz ohne Jugend