Soli, Groko und die SPD-Spitzenjobs: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Vom Neunhundertsassa Olaf Scholz, Trumps Schnapsidee, den Dänen Grönland abzukaufen, und Franziskas Giffeys Löwinnenkampf in Berlin.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Maaßen und AKK metzeln einander in Interviews.
Was wird besser in dieser?
Umfragewerte der AfD.
Ganz schön viel Wind um Gretas kleinen Segeltörn – wer bläst da warum in welches Horn?
Déjà-vu. „Atomkraftgegner überwintern bei Bodenfrost mit kaltem Hintern“ agitierte die Atomindustrie in den Anfangsjahren der Anti-AKW-Bewegung. Lass sie schwallen, sie werden es bereuen.
Können Sie drei SPD-Spitzenpolitiker nennen, die sich noch nicht um den Parteivorsitz beworben haben?
Olaf Scholz, oder Olle Scholle, wie wir den heißblütigen Gemütsbrasilianer aus Osnabrück kosen, kann es: „Viele von denen, die ich gern an der Spitze gesehen hätte, kandidieren nicht.“ Das sehen wir Helmut Schmidt und Willy Brandt nach und analysieren: Die Groko ist auch tot. „Es wäre unangemessen, wenn ich das als Vizekanzler und Finanzminister machen würde“, argumentierte er im Juni bei Anne Will, und als Mann von defensiver Karriereplanung sagt seine Kehrtwende: Wenn er absieht, dass es mit Vizekanzler und Finanzminister bald vorbei ist, muss er sich bewegen. Fiele er bei der Vorsitzwahl durch, wäre er ebenfalls als Vizekanzler demoliert – und alle diese Berechnungen hat der Neunhundertsassa sicher angestellt. Von der Parteispitze könnte noch Lars Klingbeil zucken, im Vorstand winkt Stephan Weil ausdauernd ab; Ländergrößen wie Peter Tschentscher oder Andreas Bovenschulte gelten auch Mitgliedern als überzeugende Antwort auf die Frage „Hä?“.
Können Sie drei SPD-Spitzenpolitiker nennen, die sich noch um den Vorsitz bewerben werden?
Dröhnend laut schallert nun doch die Omerta des ansonsten vollautomatischen O-Ton-Gebers Kevin Kühnert. Die Offerte zu einem „Harold und Maude“-Remake mit Gesine Schwan ließ er unkommentiert, und als Tandempartner von Olaf Scholz könnte er die genderpolitische Öffentlichkeit in heillose Überforderung stürzen. Mit einer bewährten Realpolitikerin wie Malu Dreyer bildete er ein Traumgespann; dafür allerdings müsste sich Dreyer eine „Pirouette sich, wer kann“-Ausrede ausdenken von nachgerade scholzoider Güte.
US-Präsident Trump möchte den Dänen Grönland abkaufen. Hat Sie diese Idee kalt erwischt?
Immer wenn man die Vergleiche „Trump / Wilhelm II.“ in die staubigste Schublade zurücklegen will – Aufschrift: „Maximalnarziss stürzt ganze Welt ins Unglück“ – haut der Ami wieder so was raus. Wilhelm pachtete die chinesische Hafenstadt Tsingtau, einfach weil ihm nach Kolonien war und sicher auch, damit die Chinesen hundert Jahre später europäische Häfen aufkaufen. Jedenfalls war es ein Debakel, von dem heute noch Chinas führende Biermarke kündet und ein paar Gründerzeithäuser deutschen Stils. Das Gerücht, Trump habe „im privaten Gespräch erwogen“, Grönland zu kaufen, unterstreicht erst mal nur das US-Interesse an den Bodenschätzen und der militärischen Dominanz bis zum Pol. In Dänemark sind die Besuche Präsident Obamas legendär, wo er dem „kleinen Land“ bestätigte, es schlage einen „harten Punch“, den man nicht unterschätzen dürfe.
CDU-Wirtschaftsminister Altmaier will den Soli bis 2026 ganz streichen – fällt nun bald auch die 1902 vom Reichstag zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte eingeführte Sektsteuer?
Babynahrung wird mal mit 7, mal mit 19 Prozent besteuert, bei der Bahn staunen wir gerade über den sinnlos hohen Steuersatz, Mineralwasser 19, Leitungswasser 7 Prozent – wenn Altmaier bei der Gelegenheit mal mit dem Kamm durch die Konsumsteuern gehen würde, würde ich freiwillig eine Altmaier-Abgabe zahlen.
Franziska Giffey (SPD) will ihren Posten als Bundesfamilienministerin aufgeben, sollte die Freie Universität Berlin ihr den Doktortitel aberkennen. Am kommenden Dienstag liest Giffey in Berlin vor Kindern die Geschichte „Der Löwe in dir“ vor. Sollte sie wie ein solcher um ihr Amt kämpfen?
Mufasa haut sich vom Felsen, um Simbas Leben zu retten. In moderaten Worten könnte Giffey so ihre Linie verbildlichen. Ist doch integer.
Vor achtzig Jahren, genauer gesagt: am 23. August 1939, schlossen das Deutsche Reich und die Sowjetunion einen Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt). Hat dieses Datum einen angemessen Platz in der deutschen Gedenkkultur?
Man sollte behutsamer dran gehen als unsere ehedem bundespräsidiale Ein-Mann-Sekte Gauck, die zum 75. Jahrestag des Überfalls auf Polen zum Anlass nahm, Russland mit wirtschaftlicher und militärischer Aggression zu drohen. Damals empörte viele die Gleichsetzung Stalins mit Putin, und etwas seriöser sollte man diesmal schon sein.
Und was machen die Borussen?
Minus. Viele Fans rollten zum Saisonauftakt das alte „Hummels“-Trikot wieder über die Plauze. Kostet den BVB 10 Euro je Beflockung.
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