Solardächer auf Gewerbebauten: Zaghafte Pflicht
In Niedersachsen müssen auf Dächern bald Solaranlagen installiert werden. Doch was weitreichend klingt, ist nur ein erster kleiner Schritt.
![Eine Frau geht durch die Forschungseinrichtung "GFK Valley Stade", zu sehen ist, dass auf dem Dach Solarpanels angebracht sind Eine Frau geht durch die Forschungseinrichtung "GFK Valley Stade", zu sehen ist, dass auf dem Dach Solarpanels angebracht sind](https://taz.de/picture/4785283/14/N2-Solardach-1.jpeg)
Die Pflicht zur Installation von Solaranlagen soll ab dem kommenden Jahr nur auf neuen Gewerbebauten gelten. Davon wiederum auch nur bei Bauten mit einer Dachfläche von mindestens 75 Quadratmetern. Und wiederum nur die Hälfte dieser Dachfläche muss mit Solaranlagen ausgestattet werden.
„Photovoltaik wird auf allen größeren Dächern von Gewerbeneubauten künftig Pflicht“, frohlockte Lies, nachdem die schwarz-rote Landesregierung am Dienstag seinem Gesetzentwurf zur Änderung der niedersächsischen Bauordnung zugestimmt hatte. Um bis zum Jahr 2040 den Stromverbrauch im Land komplett aus erneuerbaren Energien zu decken, seien allein aus der Photovoltaik 65 Gigawatt nötig.
Neben Solarparks auf freier Fläche soll der überwiegende Teil dafür von den Dächern kommen. Zum Vergleich: Das Atomkraftwerk Emsland produzierte im vorigen Jahr 1,4 Gigawatt. Eine Pflicht entfiele nur in besonderen Ausnahmefällen.
Imke Byl, Energiepolitikerin der Grünen
Wohngebäude rücken in der Novellierung der Bauordnung zumindest perspektivisch für eine steigende Produktion von Solarenergie in den Blick: Sie sollen künftig so geplant sein, dass sie Anlagen auf ihren Dächern tragen können. Eine Anlagenpflicht gibt es jedoch – vorerst – nicht. „Vor dem Hintergrund der Diskussionen um den Bau von bezahlbaren Wohnungen ist es uns aber gleichzeitig wichtig, die Vorgaben für den Wohnungsbau auf ein Minimum zu beschränken“, sagt Lies zur Begründung.
Für die Grünen im niedersächsischen Landtag geht das Vorhaben nicht weit genug. „SPD und CDU backen bei der Energiewende leider mal wieder ganz kleine Brötchen“, sagt Imke Byl, umwelt- und energiepolitische Sprecherin. Mit dem Anspruch der Landesregierung, die Energiewende zügig voranzubringen, seien die Grünen zwar einverstanden, „um dieses ambitionierte Ziel aber zu erreichen, muss jede geeignete Dachfläche genutzt werden, nicht nur wenige große“, findet Byl.
Denn 2018 lag nach 20-jähriger Photovoltaikförderung die landesweite Leistung von Solaranlagen bei rund vier Gigawatt. Zum Erreichen der Ziele müsse sich das Ausbautempo in Niedersachsen um das 15-fache beschleunigen, sagen die Grünen.
Im norddeutschen Vergleich sind die Pläne tatsächlich zurückhaltend: In Hamburg gilt ab 2023 eine generelle Anlagenpflicht. Alle ab dann gebauten Gebäude, egal ob sie fürs Gewerbe oder zum Wohnen errichtet werden, müssen eine Anlage auf ihrem Dach haben. Hinzu kommt, dass auch ältere Gebäude künftig nach und nach bestückt werden sollen. Muss ein Dach saniert werden, muss dabei auch eine Solaranlage errichtet werden.
Ausgenommen sind allein Dächer mit einer Fläche von unter 50 Quadratmetern. Auch plant der rot-grüne Senat, auf den Dächern der Schulen bis 2023 auf etwa 100.000 Quadratmetern Solaranlagen zu installieren.
Schleswig-Holstein macht es ähnlich wie Niedersachsen
Bremen will den gleichen Weg wie Hamburg gehen. Wann die Verordnung in Kraft tritt, ist derzeit noch nicht klar. Der Beschluss wurde aber bereits im Juni 2020 in der Bremer Bürgerschaft verabschiedet.
Ähnlich wie Niedersachsen macht es dagegen Schleswig-Holstein Auch dort gibt es ehrgeizige Ziele und bescheidene Pläne. Eine Solaranlagenpflicht für Gewerbegebäude soll auch dort kommen – für Wohngebäude ist bislang auch noch keine Regelung in Sicht.
Das neue Gesetz will die Jamaika-Koalition bis zum Herbst 2021 beschließen, damit es noch vor der Landtagswahl 2022 in Kraft tritt. Bislang sind im Land nur Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1,1 Gigawatt in Betrieb, dabei wären Studien zufolge bis neun Gigawatt möglich. Nach der Einigung in der Landesregierung geht das Vorhaben nun in die sogenannte Verbandsbeteiligung – Umweltverbände, Bürgerinitiativen oder Kommunen können sich nun einbringen.
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