Skizze rot-rot-grüner Friedenspolitik: Jenseits der ausgetrampelten Pfade
Die Grüne Agnieszka Brugger und Linkspartei-Mann Stefan Liebich entwerfen eine gemeinsame Friedenspolitik. Sie ist als Appell an die SPD zu verstehen.
BERLIN taz | Die letzte Sitzung des Arbeitskreises (AK) Außenpolitik und Internationale Beziehungen dürfte dem Linkspartei-Pragmatiker Stefan Liebich in Erinnerung bleiben. Der von der Parteilinken dominierte AK stimmte ab, wen die Linksfraktion als Obmann oder -frau für den Auswärtigen Ausschuss des Bundestags vorschlagen soll. Das Ergebnis fiel für den 41-Jährigen ernüchternd aus: 11 GenossInnen stimmten für die linke Flügelfrau Sevim Dagdelen, nur einer für Liebich.
Der Berliner, der 2013 das Direktmandat in Berlin-Pankow gewann, ist Chef des Forums demokratischer Sozialismus (FdS) und einer der umtriebigsten Linken, die die Tür für Rot-Rot-Grün 2017 öffnen wollen. Entsprechend unbeliebt ist er beim linken Flügel. Liebich versuche, so die Antikapitalistische Linke (AKL) in hölzerner Politsprache, „Positionen des herrschenden Machtblocks, die er in den bürgerlichen Netzwerken lernt, in die Partei zu tragen“. Das Rennen ist allerdings offen. Die Entscheidung, ob Dagdelen oder Liebich die Partei im Auswärtigen Ausschuss vertreten wird, fällt die Linksfraktion am heutigen Dienstag. In der Fraktion sind linker Flügel und Pragmatiker in etwa gleich stark.
Die Debatte, ob das Nein der Linkspartei zu Bundeswehreinsätzen total gelten oder ob es beispielsweise bei friedenssichernden Hilfsmissionen Ausnahmen geben soll, treibt die Partei seit mehr als zehn Jahren um. Während die Pragmatiker das rigorose Nein für wirklichkeitsfremd und unpolitisch halten, bekämpft der linke Flügel jede Abweichung als Verrat. Das Thema ist wie kein anderes moralisch aufgeladen und Kampfterrain zwischen der Parteilinken und Pragmatikern.
Liebich hat die argumentativ in recht überschaubaren Bahnen verlaufende Debatte nun um einem interessanten Dreh erweitert. Zusammen mit der grünen Parlamentarierin Agnieszka Brugger, verteidigungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, hat der Linke einen Appell an die SPD verfasst. Tenor: Auch die SPD müsse sich ändern, „damit eine Regierung mit Grünen und Linken und eine friedensorientierte Außenpolitik eine wirkliche Chance haben. Ein ’Weiter so!‘ der sozialdemokratischen Außen- und Sicherheitspolitik der vergangenen Jahre wird es mit uns nicht geben.“
Pazifismus und Bellizismus
Konkret will das linksgrüne Duo „die parlamentarische Kontrolle von Auslandseinsätzen der Bundeswehr“ bewahren, mehr Geld für zivile Krisenprävention und „Rüstungsexporte in Krisengebiete und Staaten, in denen Menschenrechte systematisch mit Füßen getreten werden“, verbieten. Zudem müsse Rot-Rot-Grün gegen „bewaffnete Bundeswehr-Drohnen“ und gegen „einen Nato-Raketenabwehrschirm in Europa“ sein, „der Spannungen mit Russland erzeugt und Europa weiter aufrüstet“. Die SPD, die bei Rüstungsexporten meist flexibel sei, müsse sich „vom industriepolitischen Lobbyismus“ verabschieden.
Der Text, der der taz vorliegt, umschifft die fundamentalen Fragen von Pazifismus und Bellizismus und entwirft eine Skizze, wie eine praktische Ausweitung ziviler Politik aussehen kann. Die grüne Mitautorin Brugger, Teilnehmerin rot-rot-grüner Gesprächskreise, hält dies für nötig. „Wenn eine rot-rot-grüne Regierung je eine Chance haben soll, dann müssen sich alle drei Parteien bewegen – nicht nur die Linkspartei“ so Brugger zur taz.
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