Skandale von Tschechiens Premier Babiš: Der Teflon-Mann aus Prag
Tschechiens Premier Babiš ist seit Jahren in Skandale verstrickt – jetzt taucht sein Name in den Pandora Papers auf. Gewählt wird er wohl trotzdem wieder.
E rst die „Storchennest“-Affäre, jetzt auch noch die Pandora Papers. Die Zweifel an Andrej Babiš, der am Wochenende sein Amt als tschechischer Regierungschef verteidigen will, nehmen nicht ab. Zehn Jahre ist es her, dass Andrej Babiš mit seinem Slogan „Den Staat wie eine Firma lenken“ und einer Handvoll sogenannter Experten und C-Promis die politische Bühne erstürmte. Von weder den einen noch den anderen Mitstreiterinnen und Mitstreitern von damals ist jemand übrig geblieben.
Wer einfach ging, wie zum Beispiel der einst beliebte Schauspieler Martin Stropnický, der Babiš’ erste Regierungsbeteiligung als Verteidigungsminister und gesellschaftlicher Liebling unterstützte, durfte zumindest mit einem bequemen Botschafterposten rechnen. Andere, wie die ehemalige Antikorruptionskämpferin Adriana Krčanová, deren Zeit als Prager Oberbürgermeisterin von Babiš’ Gnaden in den Annalen der Goldenen Stadt kaum positive Erwähnung finden wird, wurden so gnadenlos abserviert, dass es höchstens noch zu einem zweitklassigen literarischen Racheakt reichte.
Was seit den politischen Anfängen des Andrej Babiš umso konstanter geblieben ist, sind die Skandale, die ihn umgeben. Es mag von daher einer gewissen Symbolik nicht entbehren, dass Andrej Babiš seine Milliarden hauptsächlich mit Düngemitteln gemacht hat. Viel überraschender indes ist, dass er mit seinem privaten Investmentfonds, durch den er sein Vermögen zum Beispiel in BH-Hersteller, Blumengeschäfte oder internationale Kliniken investiert, nicht auch an Teflonaktien beteiligt ist.
Wenn Andrej Babiš seit zehn Jahren den Antihelden auf der tschechischen Politbühne gibt, dann vor allem deswegen, weil ihn der Wähler lässt. Nichts blieb bislang an ihm haften. Der „Storchennest“-Skandal um ein Wellnesszentrum – dabei landeten EU-Subventionen unberechtigterweise bei Firmen von Babiš – war dabei nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Ob seine Karriere als Teil der kommunistischen Nachwuchsnomenklatura oder die ungeklärte Herkunft seiner Milliarden: Seit zehn Jahren verfügt Andrej Babiš über eine feste Wählerbasis.
Glaubt man den derzeitigen letzten Umfragen vor der Wahl, wird er diese auch gewinnen. Nicht nur weil Andrej Babiš ein Meister von Opfergehabe und Whataboutismus ist. Hinter den Pandora Papers, so reagierte er reflexartig auf die Enthüllungen, stehe eine „Mafia“, die ihm schaden wolle. Weitere Enthüllungen werden ihm auf jeden Fall helfen. Denn unter den weiteren Tschechinnen und Tschechen, die in den Papieren stehen sollen, werden sich mit Sicherheit auch einige aus dem Anti-Babiš-Lager befinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers