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Skandal bei WM-QualifikationDas Handspiel Thierry Henrys

Die Franzosen betrügen Irland um die Chance zur Qualifikation. Rehhagel bringt Griechenland erneut zur WM und Russland ist raus. Die Überraschungen der Relegationsspiele.

"Der hat Hand gespielt!": Alle Finger auf Henry nutzten nichts. Bild: reuters

HAMBURG dpa/taz | Frankreich, Portugal, Slowenien und Algerien konnten sich am Mittwoch in den Relegationsspielen für die WM 2010 qualifizieren. Überraschend konnten sich die Russen, die zweite in der deutschen Gruppe waren, nicht die Teilnahme in Südafrika sichern. Sie vertändelten ihre Chance gegen Slowenien.

Zum großen Skandal aber kam es in Paris: Frankreich hatte das Hinspiel in Irland mit 1:0 gewonnen – und deshalb eigentlich beste Aussichten. Doch die Iren stürmten leidenschaftlich aufs Tor der Franzosen: Robbie Keane gelang bereits in der 33. Minute das 1:0 und damit die Egalisierung des Hinspiels.

Die Franzosen spielten nicht besonders überzeugend: Erst in der Verlängerung (103. Minute) gelang William Gallas nach einem Zuspiel von Thierry Henry direkt vor dem Tor das 1:1. Allerdings brachte Henry den Ball kurz vor der Torauslinie am linken Pfosten nur mit der Hand unter Kontrolle, wie die Fernsehbilder eindeutig belegen.

Der schwedische Schiedsrichter Martin Hansson hatte das aber übersehen – und war auch den Reklamationen des irischen Keepers nicht gefolgt. So verdanken die Franzosen ihre Qualifikation allein dem unfairen Spiel Henrys. Ein unangenehmes Ergebnis, das die Diskussion über Videobeweise im Fußball neu aufleben lassen dürfte.

WM-Qualifikation

Europa:

Relegation, Rückspiele: (Hinspiel)

Ukraine - Griechenland 0:1 (0:0)

Bosnien - Portugal 0:1 (0:1)

Slowenien - Russland 1:0 (1:2)

Frankreich - Irland 1:1 n.V. (1:0)

qualifiziert: Griechenland, Portugal, Slowenien, Frankreich

Südamerika (5.) - Nord-/Mittelamerika/Karibik (4.):

Relegation, Rückspie (Hinspiel)l:

Uruguay - Costa Rica 1:1 (1:0)

qualifiziert: Uruguay

Afrika:

3. Runde, Gruppe C,

Entscheidungsspiel in Omdurman/Sudan:

Algerien - Ägypten 1:0

Otto Rehhagel hat die griechische Fußball- Nationalmannschaft zur Weltmeisterschaft nach Südafrika geführt und damit ein perfektes Jubiläum gefeiert. Die von dem 71 Jahre alten Deutschen zum 100. Mal in einem Länderspiel betreuten Hellenen kamen im Playoff-Rückspiel gegen die Ukraine zum 1:0 (1:0)-Erfolg.

Die Portugiesen behielten wie im Hinspiel mit 1:0 gegen Bosnien die Oberhand. Die Slowenen erreichten nach dem Hinspiel-1:2 dank der Auswärtstore-Regelung durch das 1:0 (1:0) gegen Russland die Endrunde, während Frankreich das 1:1 nach Verlängerung gegen Irland reichte. Algerien setzte sich 1:0 (1:0) gegen Ägypten durchsetzte.

"Ich bin stolz auf meine Jungs. Ich habe ihnen gesagt: "Kein Berg ist zu hoch - und sie haben mit Leidenschaft und Engagement gespielt"", stellte "Altmeister" Rehhagel total zufrieden fest. Nach dem 0:0 im ersten Duell in Athen machten die Griechen in Donezk durch Dimitrios Salpingidis' Tor (32.) ihre zweite WM-Teilnahme nach 1994 perfekt. Rehhagel, der mit seinem Team 2004 sensationell den EM-Titel gewonnen hatte, ist 2010 erstmals bei einer WM als Coach dabei.

"Dies ist ein großartiger Moment", sagte Angelos Charisteas vom 1. FC Nürnberg. "Wir haben es durch ein wunderschönes Tor nach Südafrika geschafft." Siegtorschütze Salpingidis konnte sich einen Seitenhieb auf die Kritiker nicht verkneifen, die vor allem Rehhagel attackiert hatten: "Wir feiern diesen Erfolg. Es wurde viel Kritik geäußert, und dies ist unsere Antwort. Wir haben immer an uns geglaubt."

In Abwesenheit des weiter verletzten Superstars Cristiano Ronaldo avancierte Raul Meireles für Portugal zum gefeierten Mann. In Zenica war nach seinem Führungstor (56.) die Gegenwehr der mit Bundesliga- Assen gespickten Bosnier, von denen der Hoffenheimer Sejad Salihovic (56.) Gelb-Rot sah, so gut wie gebrochen.

Während Portugal damit zum fünften Mal ein WM-Turnier erreicht hat, ist Slowenien nach der Premiere 2002 zum zweiten Mal dabei: Den Siegtreffer erzielte Stürmer Zlatko Dedic vom VfL Bochum (44.). Bei den Russen mussten in diesem nervenaufreibenden Duell Kerschakow und Schirkow vorzeitig vom Feld.

Zuvor hatte Antar Yahia ganz Algerien jubeln lassen. Mit seinem "goldenen Tor" (40.) sorgte der Mittelfeldmann des VfL Bochum in Omdurman/Sudan für den Erfolg gegen Ägypten. Durch ihren Sieg im Kampf um das letzte WM-Ticket in der Afrika-Ausscheidung sind die Algerier nach 1982 und 1986 zum dritten Mal bei einer WM dabei.

Die enttäuschten Ägypter, bei denen der Dortmunder Mohamed Zidan nach der Pause eingewechselt wurde, scheiterten dagegen denkbar knapp. Das Entscheidungsspiel auf neutralem Boden im Sudan war nach Ägyptens 2:0 am Samstag gegen die Algerier nötig geworden. Beide Teams waren nach Abschluss ihrer sechs Qualifikations-Partien punkt- und torgleich.

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14 Kommentare

 / 
  • PO
    Paddy O'Reilly

    Natürlich ist solch ein Handspiel gelbwürdig.

     

    Es gibt sogar nicht unbedingt Fälle, in denen

    es für solch ein Handspiel Rot gibt....

    Ich mein das war ja nicht aus Versehen oder so.

    Ein Schiedsrichter (oder Linienrichter) müsste,

    wenn er die Aktion sieht Rot geben (oder eben

    Rot vorschlagen, wenn er Linienrichter ist).

    Und dann halt Freistoß, Abpfiff, Blamage, verdienter

    Sieg für Irland, Lospech, schwere Gruppe, vorzeitiges Ausscheiden...

    Ist das denn so schwer ?

  • F
    Fabi

    "Aus Fairnessgründen sollte Henry (der nebenberuflich auf Fairplay-Plakaten lächelt) für die WM gesperrt werden..."

     

    Henry, ein sozial sehr engagierter, und einer der wenigen menschlich gebliebenen Fußballprofis, soll für die WM nachträglich gesperrt werden, weil er ein Handspiel begangen hat?

    Ich kann es langsam echt nicht mehr hören. "Handballer des Jahres" meine Güte, es war ein Handspiel, ja, aber regeltechnisch hätte es dafür nicht einmal eine gelbe Karte gegeben.

    Wer würde in so einer Situation zum Schiedsrichter laufen und sagen: "herr schiedsrichter das Tor darf nicht zählen, ich hab den Ball absichtlich mit der Hand gespielt"? Die Leute und Medien, die sich jetzt so über Henry aufregen? Ein irischer Spieler?

    Wer würde denn in so einer Situation nicht alles erdenkliche tun um erfolgreich zu sein?

    Henry sollte in Ruhe gelassen werden. Meinetwegen kann man über die Fifa schimpfen, ein bisschen auch über den Schiedsrichter vielleicht.

    Aber Henry anzugreifen, das ist einfach nur lächerlich. Die ganzen unfehlbaren Nörgler sollten sich lieber mal an die eigene Nase fassen, ob sie vielleicht auch mal unfair oder einfach regelwiedrig agieren um etwas zu erreichen. Für mich ist das, was Henry gemacht hat menschlich. Und das macht ihn umso mehr zum Vorbild in meinen Augen. Er hat es nämlich nicht mal für sich getan, sondern für sein Team und die Fußballfans in seinem Land.

    Ich bin nicht Fan von irgendwelchen Nationalmannschaften und es ist mir relativ egal welche Mannschaft zur WM fährt. Wenn Irland besser war, hätten sie es vielleicht mehr verident gehabt, kann sein. Aber einen Spieler so zu diffamieren, wie es auch die taz getan hat in ihrer heutigen Ausgabe, ist für mich ein Armutszeugnis. Man sollte realistisch bleiben und sich nicht von der Enttäuschung eines Irlandkorrespondenten anstecken lassen.

     

    Und noch was: Fußball als Titelstory, das ist schon recht peinlich.

  • AB
    Anna Blume

    Ja, ja diese Franzosen...und die hysterische TAZ strickt schon die Dolchstoßlegenden... irische Spieler im Felde unbesiegt...

     

    Über beide Spiele gesehen waren die Franzosen besser und daher zu Recht für die WM qualifiziert.

     

    BTW liegt es doch an daran, dass Afrika 6 Starter und Asien 5 Starter hat, dass z. B. Irland zu Hause bleiben muss. Now go flame me...

  • PO
    Paddy O'Reilly

    "Ärgerlich für den Verlierer, aber so was kommt halt vor. Und zur Qualifikation zählt halt nicht nur das eine Tor, sondern ein Haufen Gruppenspiele und diese beiden Play offs."

     

    Das war nur sinnloser und zeugt davon, dass Sie überhaupt keine Ahnung haben mein Herr, denn

    Tatsache ist, dass Irland sich nicht nur in der

    stärkeren Gruppe als Zweiter durchgesetzt hat (keine Niederlage, 4 Siege 6 Unentschieden, nicht schlecht für einen nichtbeachteten Underdog oder)

    sondern quasi als Gegenseite Frankreich eine unglaublich SCHLECHTE Qualifikation gespielt hat als ach so tolle "Fussballnation"...

    Daher sollte EIGENTLICH dich Irland in die WM ziehen IHRER Aussage nach oder ?

    Aus Fairnessgründen sollte Henry (der nebenberuflich auf Fairplay-Plakaten lächelt) für die WM gesperrt werden...

  • R
    ruud

    "So verdanken die Franzosen ihre Qualifikation allein dem unfairen Spiel Henrys."

     

    Was ist das denn für ein schwachsinniger Kommentar. Sicherlich war das Tor nicht regelkonform, aber der Schirie hats gegeben, also zählts. Ärgerlich für den Verlierer, aber so was kommt halt vor. Und zur Qualifikation zählt halt nicht nur das eine Tor, sondern ein Haufen Gruppenspiele und diese beiden Play offs.

    Der Videobeweis ist genauso überflüssig, wie Diskussionen um ein Tor, was vielleicht fälschlicher Weise gegeben wurde.

  • N
    Nobody

    Im Hinspiel wurde Irland auch ein ELfer aberkannt. Also hebt sich das wieder auf.

    Frankreich hat Scheisse gebaut und ich fände es fair, wenn das Spiel wirklich wiederholt werden würde, auch wenn das unwahrscheinlich ist.

     

    So weiterzukommen, muss einem eigentlich schon der Stolz verbieten.

  • C
    cochise

    Naja, aber wenn ich mich recht erinnere, dann wurde den Franzosen wenige Minuten vorher ein Elfmeter nicht gegeben ... ist zwar unschön mit dem Handspiel, aber das hat doch einst schon Maradona gemacht. ;-)

  • S
    schmaaax

    Da gabs auch einen Elfmeter, der den Franzosen aberkannt wurde, allez les bleues!

  • A
    Andy

    jaja, der Videobeweis: damit wir uns auch während des Spiels schöne kleine Werbepausen genehmigen können. Das hätte das Privatfernsehen wohl gerne so. Und die PR scheint ja aufzugehen. So ein Videobeweis, der macht dann auch die Diskussionen nach dem Spiel viiiiel spannender...

  • T
    Tsaimath

    Nun, im Fussball hat es eigentlich auch schonmal funktioniert...

     

    Ich erinnere an das Spiel Frankreich vs. Italien (WM-Finale) und den Kopfstoß von Zidane, den konnten Schiri und die Linienrichter auch nicht sehen, jedenfalls nicht mit den Augen, die haben in die andere Richtung geschaut und auch ~30sek gebraucht um zu realisieren das da was passiert ist, trotzdem wurde Zidane mit Rot vom Platz gestellt.

     

    Auch in dieser Situation konnte der Schiri nicht sehen was passiert ist, entscheiden konnte er trotzdem

  • L
    libertador

    Naja Henry lenkt den Ball klar mit der Hand, aber ob das absichtlich war in so einer unübersichtlichen Situation.

  • B
    Bernd

    Einer dieser neuen Tor-Linienrichter, wie sie bei der U21 WM ausprobiert wurden hätte das Problem auch gelöst. Ich bin mir sicher, die kommen bald.

  • S
    Sportler

    Naja, dass die "Boys in Green" so betrogen wurden, ist bitter. Alelrdings ist in meinen Augen der Hauptschuldige nicht Henry, sondern der Schiri. Versuchen kann man es ja, nur durchgehen hätte es nicht dürfen.

    Zeit für den Videobeweis im Fussball, funktioniert doch im Rugby auch.

  • J
    joeyyy

    was soll ich meinem pubertierenden sohn erzählen, der leidenschaftlich gern fußball spielt und für den henry ein vorbild ist? geld ist wichtiger als ehrlichkeit? wichtig ist, dass es keiner sieht? der zweck heiligt die mittel?