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Skandal-Lexikon der Königlichen AkademieLang lebe Franco!

Eine Enzyklopädie der Königlichen Akademie liest sich teilweise wie ein neofaschistisches Pamphlet. Die plumpe Geschichtsklitterung ist aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Nur ein wenig autoritär? Francisco Franco. Bild: dpa (Bild von 1975)

MADRID taz | General Francisco Franco, der Spanien knapp 40 Jahre mit eiserner Hand regierte, "errichtete ein autoritäres, aber kein totalitäres Regime". Der letzte Präsident der von ebenjenem Franco in einem "Befreiungskrieg" und einem "echten Kreuzzug" gestürzten Republik, der Sozialist Juan Negrín, regierte hingegen "praktisch diktatorisch".

Die Zitate stammen nicht etwa aus einem profaschistischen Pamphlet, sondern aus der soeben erschienen Biografischen Enzyklopädie der Königlichen Geschichtsakademie Spaniens (RAH). In 25 Bänden finden sich mehr als 40.000 Biografien bekannter Spanier, 5.500 Historiker waren beteiligt, die Kosten für den Steuerzahler lagen bei rund 6 Millionen Euro.

Auch die Säuberungswelle, der nach Ende des Bürgerkrieges je nach Quelle zwischen 130.000 und über 200.000 Menschen zum Opfer fielen, wird mit keinem Wort erwähnt. Ein Massaker im südspanischen Almendralejo, das den Tod von rund eintausend Demokraten, Linken und Gewerkschaftern zur Folge hatte, wird mit dem Ausdruck "das Leben der Bürger normalisieren" umschrieben.

Wer dagegen aufseiten der Republik und damit aufseiten der verfassungsmäßigen Ordnung kämpfte, muss sich in der Enzyklopädie den Vorwurf einer "Politik des revolutionären Terrors" gefallen lassen. Wie etwa der damalige Chef der Kommunistischen Jugend und spätere Generalsekretär der Kommunistischen Partei Spaniens, Santiago Carrillo, über den zu lesen ist, dass "der seine Verantwortung für die Schlächterei nie übernommen hat".

"Spanien hört auf, ein Land in der zweiten Reihe zu sein"

Auch die Jahre nach Francos Tod 1975 und dem Übergang zur Demokratie beobachtet die RAH mit der ihr eigenen Methode. Der gescheiterte Militärputsch vom 23. Februar 1981 gegen die junge Demokratie wird zum "Zwischenfall", der in der Biografie des ihn führenden Generals Alonso Armada gerade einmal zwei Zeilen füllt.

Wer wissen will, wie die rechte katholische Laienorganisation Opus Dei zu ihrem Einfluss in der spanischen Kirche kam, dem hilft die RAH ebenfalls weiter: "Der Herr ließ Pater Escrivá, während er die Heilige Messe las, die juristische Lösung sehen, wie er die Priesterweihe im Namen des Opus Dei abnehmen konnte", heißt es im Eintrag über den Gründer des religiösen Geheimbundes, Escrivá de Balaguer.

Auch der Konservative José María Aznar, der 1998 als Regierungschef die 6 Millionen Euro für die Enzyklopädie bewilligte, wird mit einer wohlwollenden Biografie bedacht. Da ist von seinen "Erfolgen in der Außenpolitik" die Rede: "Spanien hört auf, ein Land in der zweiten Reihe zu sein."

"Was in der RAH passiert, ist eine echte Schande", sagt der Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa: "So etwas kann nicht einfach durchgehen. Und schon gar nicht, wenn es mit öffentlichen Geldern bezahlt wird." Der Direktor der Geschichtsakademie, Gonzalo Anes, ist sich dagegen keiner Schuld bewusst. Für ihn ist das Werk "objektiv und ohne Adjektive".

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7 Kommentare

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  • MD
    Mellow Dramatic

    Sorry, Vargas Llosa ist ein Konservaativer - aber eben kein Reaktionär und auch kein Anti-Demokrat. Da darf man differenzieren - wenn man kann.

  • DE
    Daniel Eisenmenger

    In der Tat eine krasse Geschicht un es geht noch weiter:

     

    http://geschichtsunterricht.wordpress.com/2011/06/05/franco-biografie-nicht-gelesen/

  • J
    jvz

    Was ist denn mit Vargas Llosa passiert ? Er war doch lebenslang ein "Rechter" und jetzt hilft er den Linksnationalisten Humala in Peru - und wie der Bericht erklaert - eregt er sich ueber die faschistischen "Rechten" im Koenigreich Spanien...

  • B
    Berliner

    Vielleicht wäre es auch noch wert zu erwähnen, dass etliche der renommiertesten spanischen Historiker - wie Santos Juliá, Ángel Viñas oder Julián Casanova (oder Paul Preston, der zwar kein Spanier, aber einer der bekanntesten Franco-Experten ist) - an diesem biografischen Nachschlagewerk gar nicht erst beteiligt wurden und es jetzt heftig kritisieren. Nicht, dass noch der Eindruck entsteht, die Real Academia Histórica sei irgendwie repräsentativ für die spanische Geschichtsschreibung... Es wird Zeit, dass diese völlig verknöcherte Institution einmal rundum erneuert wird!

  • U
    ulschmitz

    schaut euch karfreitag die prozession in madrid an - kapuzenmänner, büßer, die auf trommeln klopfen, damen mit diamentenbesetzten rosenkränzen - DAS ist der feind. die rechte in spanien arbeitet gezielt daran, aus dem land wieder eine art franco-revival zu machen.

  • F
    flujo

    Die Geschichtsklitterung dieser Autorentruppe reicht bis in die Gegenwart: der korrupte Ministerpräsident Valencias, Francisco Camps von der postfaschistischen PP, wird in der Enzyklopädie gleich mit reingewaschen. Obwohl gegen ihn ein Verfahren wegen Korruption läuft (der "Gürtel Fal", eine ganze Palette von geschmierten und schmierenden Politikern des Partido Popular), wird dieser in der Enzyklopädie erwähnt, und zwar solchermaßen, dass das Verfahren eingestellt ist und er als unschuldig erklärt wurde.

    QUELLE:

    http://www.publico.es/culturas/379967/el-diccionario-biografico-da-por-archivada-la-causa-contra-camps

     

    Die Rechte in Spanien ist unglaublich dreist und ekelhaft, dieses Pamphlet ist nun ein beredtes Beispiel für die ekelhafte Umkehrung der Geschichtsfakten.

  • DP
    Daniel Preissler

    Krass!!!

    Vielen Dank für den Bericht!