Sinkende CO2-Emissionen: Good News von der Klimafront
Deutsche Kraftwerke stoßen weniger Treibhausgase aus. Mit der Politik der Bundesregierung hat das aber wenig zu tun.
Das Ziel, die Emissionen bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu verringern, erreiche die Branche damit voraussichtlich schon in diesem Jahr, erklärte der scheidende BDEW-Geschäftsführer Stefan Kapferer – und jubelt: „Ein solcher Rückgang der CO2-Emissionen ist beispiellos.“
Entscheidender Grund für den Rückgang ist die geringere Auslastung der Kohlekraftwerke: Sie haben in den ersten drei Quartalen nach Angaben der AG Energiebilanzen etwa 20 Prozent weniger Energie produziert als im Vorjahreszeitraum, während erneuerbare Energien und Erdgas um jeweils 4 Prozent zulegten. Zudem ging der Verbrauch von Strom leicht und der Export von Strom deutlich zurück.
Die Politik ist für diesen Erfolg aber nur zum Teil verantwortlich. Immerhin hat sie den europäischen Emissionshandel so reformiert, dass die Preise für den Ausstoß von CO2 dort zuletzt deutlich gestiegen sind, was Kohlekraftwerke weniger wirtschaftlich macht. Verstärkt wurde dieser Effekt aber durch einen ungewöhnlich niedrigen Gaspreis. Zudem wehte der Wind deutlich stärker, sodass die Windkraft trotz des zuletzt stark gesunkenen Ausbaus mehr Strom lieferte.
Endergebnis offen
Die Zahlen bedeuten, dass Deutschland sein Ziel, die Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, voraussichtlich nicht so deutlich verfehlen wird wie bisher befürchtet. Während der jüngste Prognosebericht des Umweltministeriums nur von 33 Prozent Reduzierung ausgeht, dürfte diese aufgrund des Rückgangs der Kohlenutzung schon in diesem Jahr bei 35 Prozent liegen. Ob sich der Trend aber fortsetzt oder bei veränderten Markt- und Wetterbedingungen sogar umdreht, ist offen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt in einer aktuellen Studie im Auftrag von Greenpeace etwa, dass das 40-Prozent-Ziel frühestens im Jahr 2025 erreicht wird. Im Stromsektor ist das nach DIW-Berechnungen sogar erst 2026 der Fall. Die Annahmen dieser Prognose scheinen von der Wirklichkeit aber überholt worden zu sein: Der Wert, den das DIW-Modell für 2020 voraussagt, liegt nicht nur weit über dem, der für dieses Jahr prognostiziert wird, sondern auch über jenem, der im letzten Jahr erreicht wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken