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Silvester-Terrorgefahr in MünchenLage ruhig, Polizei ermittelt

Die Fahndung nach mutmaßlichen Attentätern läuft. Doch ob hinter den konkreten Warnungen auch tatsächlich ein Anschlagsplan steckte, ist weiterhin unklar.

Die konkrete Gefahr scheint gebannt, aber die Polizei zeigt noch Präsenz in München. Foto: dpa

München dpa | Nach dem Terroralarm von München fahnden die Sicherheitsbehörden weiter nach islamistischen Extremisten. Die Polizei wertete dazu auch Hinweise aus der Bevölkerung aus. Die Lage in der bayerischen Landeshauptstadt war am Samstag entspannt. Unklar blieb, ob es die teils namentlich genannten Verdächtigten aus Syrien und dem Irak überhaupt gibt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Unionsfraktionschef Volker Kauder (beide CDU) sprachen sich für eine engere Kooperation mit ausländischen Sicherheitsbehörden aus.

Die Behörden hatten am Silvesterabend den Münchner Hauptbahnhof sowie den Bahnhof im Stadtteil Pasing evakuiert. Der Aktion waren Hinweise befreundeter Geheimdienste vorausgegangen. Ihnen zufolge bestand der konkrete Verdacht, dass fünf bis sieben Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegen Mitternacht Anschläge wie in Paris verüben wollten.

Die Sicherheitskräfte waren am Samstag weiter mit verstärkten Kräften im Einsatz. „Wir haben mehr Polizei, die in der Stadt unterwegs ist“, sagte ein Polizeisprecher. Etwa 100 bis 200 Beamte seien erneut zusätzlich im Dienst. Neue Erkenntnisse gebe es aber nicht. „Die Stadt ist ruhig.“

Von einer konkreten Anschlaggefahr gingen die Behörden nicht mehr aus. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte bereits am Freitag Entwarnung gegeben. „Wir sind froh, dass es sehr ruhig ist“, sagte der Polizeisprecher am Samstag. Die Anrufe besorgter Bürger hätten abgenommen. Viele Münchner hatten sich am Silvesterabend und am Neujahrstag teils mit Fragen zur Sicherheit und teils mit Beobachtungen bei der Polizei gemeldet. Die Hinweise würden derzeit kriminalpolizeilich abgearbeitet, sagte der Sprecher.

Hinweise schon am 23. Dezember

Der erste Hinweis auf die beiden Bahnhöfe war – noch ohne Details – laut Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR bereits spätestens am 23. Dezember gekommen, also noch vor Weihnachten. Er wurde zunächst jedoch für unwahrscheinlich gehalten. Die Informationen verdichteten sich dann aber. Ein Hinweisgeber aus dem Irak wurde dort vom Bundesnachrichtendienst befragt. Entsprechende Berichte der drei Medien wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.

Nach dpa-Informationen kam ein Hinweis vor ein paar Tagen aus den USA. Den deutschen Sicherheitsbehörden lagen auch aus dem Geheimdienstbereich detaillierte Informationen zu Namen, Orten und einem möglichen Tatablauf vor. Die ganz konkrete Warnung für die Silvesternacht wurde nach Angaben der Münchner Polizei erst an Silvester vom französischen Geheimdienst übermittelt. Die angeblichen Täter sollten laut Süddeutscher Zeitung in einem Hotel in der Innenstadt untergekommen sein, waren aber nicht zu finden.

De Maizière sagte der Bild-Zeitung: „In Zukunft wird es noch intensiver als bisher darauf ankommen, dass wir mit den Sicherheitsbehörden anderer Staaten eng zusammenarbeiten und Informationen austauschen.“ Der Minister betonte: „Auch im neuen Jahr bleibt die Lage sehr ernst.“

Kauder sagte dem Blatt, die Vorgänge zeigte, wie falsch viele in den anderen Parteien lägen, die die Kooperation mit den Nachrichtendiensten anderer Länder infrage stellen.

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3 Kommentare

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  • Die Schlußfolgerungen, die Kauder und De Maizière ziehen, sind nicht plausibel: Der Verdacht, daß hier ausländische Geheimdienste ihr übles Spiel treiben, ist durch die Vorgänge der letzten Tage doch eher verstärkt, als ausgeräumt worden. (vgl. z.B.: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/01/01/terror-warnungen-wir-wissen-nichts-und-fuerchten-uns-trotzdem/) - Man könnte, freilich sehr naiv, doch eher schlußfolgern, die deutschen "Dienste" sollten im Interesse von Freiheit und Sicherheit der Bevölkerung selbst alle Mittel aufwenden, um gefälschten Terror von echtem zu unterscheiden. - Naiv ist solche Hoffnung deshalb, weil Geheimdienste, auch die westlich-demokratischer Länder, ein solches Interesse grundsätzlich nicht haben. Stattdessen sind sie Teil des "Machtinstruments der herrschenden Klasse". Täuschen, Lügen, Tricksen, Desinformieren gehört zum Metier dieser vermeintlichen Sicherheitsbehörden, zu denen ich ausdrücklich die Innenminister hinzuzähle. - Ich nehme davon zumindest teilweise ehrliche Polizeibeamte aus, die glauben, alles zum Schutz der Bürger zu tun. Wie trügerisch der Glaube aber sein kann, machte kürzlich der Dokumentarfilm "Staatsdiener" deutlich - ein Film, der mit polizeilicher Genhemigung und Billigung erfolgte und dennoch mehr offenbart, "als die Polizei erlaubt".

    • @Albrecht Pohlmann:

      Hallo Herr Pohlmann

       

      Das ist das Bedauerliche, dass man den meisten Akteuren nicht unterstellen kann, dass sie morgens aufstehen und ihr erster Gedanke ist - wir verstoßen gegen geltendes Recht weil es so lustig ist. Auch ich glaube, dass die Meisten davon überzeugt sind das Richtige zu tun - einfach nur jedes Maß verloren haben.

       

      Der Grund warum ich aber vor allem antworte ist, dass ich mich für den Hinweis bezüglich "Staatsdiener" bedanken wollte.

  • Bevor wir uns entschließen, mit ausländischen Geheimdiensten enger zusammenzuarbeiten, müssen die erst mal nachweisen, dass an ihrer Warnung was dran war. Dass sie die nicht nur erfunden haben, um uns Angst zu machen und so mehr Vorratsdaten von uns zu bekommen. Die Warnung wegen des Fußballspiels in Hannover Mitte November war ja nachher auch so obskur und uneindeutig.

     

    Danach müssten wir mit den betreffenden Geheimdiensten über die Bedingungen reden, unter denen sie mit uns zusammenarbeiten wollen. Wenn das auf Kosten von noch mehr Überwachung gehen sollte, geht es gar nicht. Die Terrorgefahr ist so gering, da sind selbst Badewannenstürze gefährlicher. Dafür gebe ich meine Meinungsfreiheit nicht her.