Silvana Koch-Mehrin über die Quote: „Sie wird kommen“
Die FDP-Politikerin Koch-Mehrin über die Quote „in greifbarer Nähe“, Anweisungen aus Deutschland und von der Leyens moralischen Sieg.
taz: Frau Koch-Mehrin, wie bewerten Sie die Abstimmung im Bundestag, bei der die Union gegen einen Antrag für eine 20-Prozent-Frauenquote für Aufsichtsräte ab 2018 gestimmt hat?
Silvana Koch-Mehrin: Ich bin zwar enttäuscht über die Chance, die der Bundestag am Donnerstag vertan hat. Nachdem die CDU aber beschlossen hat, eine feste 30-Prozent-Quote ab 2020 in ihr Wahlprogramm aufzunehmen, werden nach der Bundestagswahl im September Union, SPD und Grüne gleichermaßen für eine Quote sein. Wenn das keine News ist!
Noch hat die CDU keinen Gesetzentwurf vorgelegt, sondern nur einen Parteibeschluss.
Aber mit dem Beschluss kommt die CDU der EU-Forderung nach mehr Geschlechtergerechtigkeit sehr viel näher, als sie das bisher mit der albernen Flexi-Quote getan hat.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding will aber eine Frauenquote von 40 Prozent ab 2020. Und Deutschland hat angekündigt, diesen Beschluss zu blockieren.
Die Quote wird kommen. Es geht nicht mehr darum, ob überhaupt, sondern nur noch wann.
42, FDP, sitzt im EU-Parlament. Wegen Plagiatsvorwürfen wurde ihr der Doktor aberkannt, sie klagte. Fürs EU-Parlament will sie nicht mehr kandidieren.
2020 ist lange hin.
Ich würde mich freuen, wenn das schneller ginge. Aber wichtig ist, dass die Quote überhaupt in greifbare Nähe gerückt ist. Gerade hatten wir im EU-Parlament eine Anhörung zum Gesetzentwurf von Frau Reding. Im November 2013 wird es vermutlich eine erste Lesung geben – also nach der Bundestagswahl in Deutschland. Dadurch werden die Debatten hier in Brüssel leichter sein. Denn dann ist das größte EU-Land für die Quote.
Sie sind wirklich ganz schön optimistisch.
Wenn der CDU-Beschluss ernst gemeint ist, muss sich das auch bei der Gretchenfrage zeigen: Die Anweisung aus Deutschland, den EU-Beschluss zu boykottieren, muss zurückgezogen werden.
Wie enttäuscht sind Sie von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, die erst vehement die Quote gefordert hat, dann aber doch unter dem Druck aus der eigenen Partei eingeknickt ist?
Am Ende wird sie die moralische Siegerin sein.
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