Sieben Tage Videokunst aus Berlin: Omer Fast zur Geisterstunde
Jeden Mittwoch ein neuer Kunstfilm: Das Haus am Waldsee zeigt ausgewählte Videoarbeiten der „Videoart at Midnight“-Serie. Den Anfang macht Omer Fast.
![Szene aus Omer Fasts „The Invisible Hand“: Ein kleiner Junge steht im Wald und hält einen Ring in der Hand, den er auf dem Boden gefunden hat Szene aus Omer Fasts „The Invisible Hand“: Ein kleiner Junge steht im Wald und hält einen Ring in der Hand, den er auf dem Boden gefunden hat](https://taz.de/picture/4665148/14/2-omer-fast-the-invisible-hand-2018-photo-vega-fang-1.jpeg)
In Kooperation mit „Videoart at Midnight“ zeigt das Haus am Waldsee das Lockdownprogramm „Videokunst aus Berlin“. Katja Blomberg und Olaf Stüber haben Arbeiten von acht Künstler:innen aus dem Repertoire des mitternächtlichen Videokunstprojekts von Olaf Stüber und Ivo Wessel zusammengestellt. Den Anfang macht eine Filmarbeit von Omer Fast, es folgt weitere Videokunst von Antje Majewski, Julian Rosefeldt, Isabell Heimerdinger, Anri Sala, Fischer el Sani, Erik Schmidt und Stefan Panhans. Jeden Mittwoch wechselt das Programm.
Als erstes läuft Omer Fasts „The Invisible Hand“, ein auf HD adaptierter VR-Film von 2018. Ein treffender Auftakt, denn „Videoart at Midnight“ beginnt bekanntlich zur Geisterstunde. Im jüdischen Märchen, auf das sich Fast hier bezieht und das er ins moderne China verlegt hat, geistern so einige Präsenzen durch die Geschichte.
Im weißen Nachthemd erzählt uns die Erzählerin, ein kleines Mädchen, von der Kindheit ihres Vaters. Mehr noch, sie schreitet selbst die Geschichte ab und schaut ihrem wieder Kind gewordenen Papa dabei zu, wie er bei einem Picknick-Streit seiner Eltern in den Wald rennt und dort auf eine Geisterhand im Boden trifft, die verzweifelt nach einem Ring greift. Unfreiwillig verhilft seine Entscheidung in dieser Situation der Familie zum Klassenaufstieg.
Als die bleiche Präsenz aber von der Familie verstoßen wird, muss die Familie fortan immer die Wahrheit sagen und wird damit selbst in die Nichtkonformität gedrängt. So erklärt es uns das Mädchen inmitten von Fasts künstlich konstruierten 3D-Ruinen und Glastürmen.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Film von Omer Fast bis 9. 2.: hausamwaldsee.de/blog/omer-fast-the-invisible-hand-2018; danach sieben weitere Filme von Berliner Künstler:innen, jeden Mittwoch ein neuer Film; Serie: www.videoart-at-midnight.de
Schemen der Wahrheit
Nur zu real erscheint der kindliche Versuch, die Eltern zu retten. Egal, was die Älteren den Jüngeren längst antun. So wie der Sohn, der den Eltern vergeblich von der Geisterhand zu erzählen versucht. Und so wie seine zukünftige Tochter, die sich während des nächsten Streits der nächsten Generation zögerlich an die Versicherung ihrer Eltern erinnert, es würde sie am Ende stärken, die Wahrheit zu kennen.
Welche Wahrheit das ist – die Wirklichkeit intergenerationaler Beziehungsgeflechte, die Wirklichkeit der geisterhaften Vergangenheit oder die Wirklichkeit der Realität als Erzählung – das lässt Fast, wie er es gerne tut, als Schemen im Nebel nur aufblitzen.
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