: Sie nannten ihn „HW“
Horst Weyrauch – die Karriere eines ebenso seriösen wie unauffälligen Wirtschaftsprüfers, den Christdemokraten und Kanzler Helmut Kohl stets zu Diensten ■ Von Karin Nink
Auf den ersten Blick scheint Horst Weyrauch wenig ergiebig. Wäre er als Jongleur der schwarzen Kassen von Helmut Kohl jetzt nicht so in die Schlagzeilen geraten, würde sich kein Mensch für den unauffälligen Lodenträger interessieren. Horst Weyrauch, das ist der Typ Buchhalter: introvertiert und verschwiegen. Einer, der sich nicht in den Vordergrund schiebt. Keine besonderen Hobbys. Bei einer Begegnung mit Weyrauch bleibt nach der Aussage von Betroffenen am ehesten der unangenehm feuchte und weiche Händedruck in Erinnerung. Aber die Oberfläche täuscht. Schon bei der Flick-Affäre spielte er für den damaligen Kanzler Helmut Kohl eine bedeutende Rolle. Neben dem langjährigen Generalbevöllmächtigten der CDU-Schatzmeisterei, Uwe Lüthje, betrieb Weyrauch Schadensbegrenzung bei den Behörden. Einer, der Weyrauch in früherer Zeit als Finanzfachmann erlebte, hatte „immer den Eindruck, als sei das ein vollkommen seriöser Vertreter seines Berufsstandes“.
Der Herr der schwarzen Kassen in der CDU genoss auch als Gutachter einen tadellosen Ruf. Es war vom damaligen Schatzmeister Walther Leisler Kiep schon ein cleverer Zug, den Finanzexperten nach seiner Wahl für Beratungs- und Sonderaufgaben zu engagieren. Zumal „HW“, wie er von seinen Leuten genannt wird, ganz zuverlässig die Interessen seiner Auftraggeber wider das Gesetz vertrat. Die Parteibilanzen soll er erst einmal in verschiedenen Variationen von seinen Mitarbeitern angefordert haben, bevor er die passende abzeichnete. Auch bei den verschiedenen Änderungen des Parteiengesetzes soll Weyrauch die CDU intern beraten haben. Offiziell ist er als Sachverständiger nicht aufgetreten. Weyrauch hat 1989 auch dafür gesorgt, dass eine interne CDU-Pleite mit der Computerfirma Dico-Soft, die die Partei komplett mit einem Computernetz versorgen sollte, nicht für öffentlichen Ärger und Rechtsfolgen sorgte. Er war der von der CDU treuhänderisch eingesetzte Mehrheitsgesellschafter von Dico-Soft und gleichzeitig der Gutachter, der den Treuhänder davon entlastete, das Unternehmen nicht ausreichend kontrolliert zu haben. Mit dem guten Ruf jedenfalls ist es nun vorbei. Der ehemalige Finanzberater ist die graue Eminenz im Finanzskandal der Bundes-CDU und beim Verschieben der hessischen CDU-Millionen nach Liechtenstein und in die Schweiz hat er wohl auch mitgemischt. Er muss jetzt den Kopf hinhalten, weil die Christdemokraten ihrem Übervater Kohl nicht am Zeug flicken und stattdessen gegen Weyrauch rechtlich vorgehen wollen. Faktisch wird das nicht wesentlich weiterführen. Zwar kann Weyrauch, der fast 30 Jahre für die CDU gearbeitet hat, sagen, wieviele schwarzen Kassen es wirklich gab und mit welchen Summen sie gespeist wurden. Ob er aber die Namen der ominösen Spender nennen wird? In seinen Aussagen vor der Staatsanwaltschaft Augsburg jedenfalls will der treue Kohl-Vasall sich nie darum gekümmert haben, woher das Geld kam und wofür es verwendet wurde. Das deckt sich im Übrigen mit den Angaben von Kohl, der im Fernsehen sagte, er habe die Spenden an „den zuständigen Mitarbeiter“, Hans Terlinden, weitergegeben.
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