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Sicherheitsrisiko SmartphoneDie Furcht vor den Apps

Nutzer wünschen sich „saubere“ Apps, Unternehmen viele Daten. Verbraucherministerin Aigner reagiert nur sehr verhalten auf Datenschutzbedenken.

Unverschlüsselte Verbindung, Zugriff auf sensible Nutzerdaten ... Bild: dapd

BERLIN taz | Vier von fünf Smartphone-Nutzern verzichten auf Anwendungen, weil sie Bedenken in Sachen Datenschutz oder Sicherheit haben. Das ist das Ergebnis einer Erhebung im Auftrag des vom Wirtschaftsministerium organisierten Nationalen IT-Gipfels.

Politische Konsequenzen will Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) daraus dennoch nicht ziehen, im Gegenteil. Sie sieht die Wirtschaft in der Pflicht: „Die Anbieter haben eine Bringschuld für sichere und datenschutzfreundliche Einstellungen.“

Laut den Ergebnissen der Studie nutzen mittlerweile 27 Prozent der Bundesbürger ein Smartphone. Bei den unter 30-jährigen sind es 73 Prozent. Der Branchenverband Bitkom beziffert den Anteil von Smartphones an den verkauften Handys für August auf 70 Prozent. 86 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen Sicherheit und Datenschutz „wichtig“ oder „sehr wichtig“ sind.

Doch die Anwendungen, die auf den Smartphones laufen, haben häufig Tücken, Sicherheitsmängel oder sind problematisch was die Datenschutzeinstellungen angeht: Sie greifen auf Daten zu, die für das Funktionieren gar nicht notwendig sind, wie etwa Standortdaten oder die Gerätekennung. Sie übertragen Daten unverschlüsselt und speichern sie auf Servern etwa in den USA, ohne dass der Nutzer weiß, was mit den Daten passiert.

So ergab ein Test von heise Security im September, dass sich die beliebte Anwendung WhatsApp, mit der sich kostenlos Textnachrichten verschicken lassen, problemlos kapern lässt. Auch hat der rechtmäßige Nutzer keine Möglichkeit, das Passwort zu ändern und sich so den Account zurückzuholen. Im August mahnte der Verbraucherzentrale Bundesverband (Vzbv) zehn Betreiber von Webseiten ab, die Apps vertreiben. Der Grund: Klauseln, die Verbraucher benachteiligen, rechtswidrige Datenschutzbedingungen, unverständliche Formulierungen.

Bitcom contra Verbraucherschutzministerin

Doch die Schlussfolgerungen, die Aigner aus der Umfrage zieht, bleiben vage: Gespräche mit den Anbietern sollten geführt werden, am Datenschutz auf EU-Ebene gearbeitet. Beim Branchenverband Bitkom sieht man dagegen vor allem die Verbraucher in der Pflicht. „Die Nutzer müssen lernen, verantwortungsvoll mit den Geräten umzugehen“, sagt Sprecher Maurice Shahd.

Im Vzbv ist man sich nicht sicher, dass es mit einer Datenschutzverordnung der EU tatsächlich besser wird. Gemeinsam mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar warnte der Verband vergangene Woche davor, dass es bei der derzeitigen Diskussion eher nach einer Absenkung des Datenschutzniveaus aussehen würde, als nach einer Verbesserung.

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5 Kommentare

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  • O
    Orakelmaschine

    Was ist Schizophren?

    Mit dem Smartphone in der Tasche für Datenschutz, gegen INDECT u.a. demonstrieren.

    Der Begriff Smartphone ist ebenso verkehrt.

     

    Für viele ist ein Smartphone eine Orakelmaschine, ein externalisiertes Gehirn und Denkmaschine. Zugegeben, ganz nette Technik. Nur Bedienstete müssen allzeit erreichbar sein.

     

    Juni, 2012 "Computer-Software, die vom Arbeitgeber bereitgestellt und auch privat genutzt wird, ist für Arbeitnehmer ab sofort steuerfrei. .....nach der auch Smartphones und Tablet-PCs, die dem Mitarbeiter für die betriebliche und private Nutzung überlassen worden, lohnsteuerfrei bleiben."

     

    P. Schaar und der BSI sollten eine Richtlinie heraus geben. Firmen die ihren Mitarbeitern ein Smartphone geben, sind gegen Spionage nicht geschützt und sollten daher steuerliche nicht begünstigt werden.

    Es ist doch relativ leicht sämtliche Kundendaten, Mails, Bewegungsdaten u.a. zu erhalten.

    Der Datenschutzbeauftragte einer Firma steht/stand sowieso mit einem Bein im Gefängnis.

     

    Warum sollte die Politik Regeln für Spielzeuge aufstellen?

    Das wäre so, als wenn AstroTV zur Richtigkeit ihrer Inhalte gezwungen wird.

    Besser wäre ein Nicht-Smartphone-Schutzgesetz.

    Sämtliche Rettungsfahrzeuge Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen müssen die Lautstärke ihrer Signalhörner derart erhöhen, das einem nicht verkabeltem Fußgänger die Ohren abfallen.

    Ein Höhrsturz ist inzwischen eine privatisierte Leistung der Krankenkassen und HNO Ärzte.

  • M
    Meiner1er

    "Vier von fünf Smartphone-Nutzern verzichten auf Anwendungen, weil sie Bedenken in Sachen Datenschutz oder Sicherheit haben."

    Soso. Und gleichzeitig nutzen oder nutzten laut der selben Studie 55% der User WhatsApp - eine der unsichersten Apps.

    Wenn ich wöllte, könnte ich aus der selben Studie herauslesen: Usern ist der Datenschutz egal.

  • D
    DerDemokrator

    Ich gebe meinem Vorredner recht, allerdings aus dem gleichen Opportunismus heraus den ich aus seinem Kommentar herauslese.

    Der "kleine Mann" hat sich freiwillig an die mediale Kette legen lassen und schimpft seither über mangelnde Bewegungsfreiheit.

    Je weniger wir Nutzer dem Datenhandel und dem Internet im Allgemeinen trauen und anfangen wieder selbst zu denken, um so sicherer kann die "Welt des kleinen Mannes" aussehen, dazu müssen wir uns aber von "goldenen Kälbern" (Bequemlichkeit,Verfügbarkeit,Preiswürdigkeit) und dem Tanz hierum befreien.

     

    Ciao

    DerDemokrator

  • T
    TrollCollect

    Das Grundübel dieser Geräteklasse ist doch, daß der Besitzer "rechtlos by design" ist. Fürs iPhone z.B. ist ein halblegaler JailBreak nötig, um vollen Zugriff aufs teuer erworbene Eigentum zu bekommen. Im Klartext: Man muß auf die Entdeckung von Sicherheitslücken warten, um es vollständig nutzen zu können.

     

    Bei Android ist es ähnlich, doch hier hängt es vom Hersteller ab; und manche machen es einem leicht, Vollzugriff durch Rootrechte zu bekommen. Erst dadurch hat man die Macht, beispielsweise die FaceBook-App und ihre dubiosen Hintergrundprozesse vom System zu entfernen. Dann kann man auch die hosts-Datei bearbeiten, um Schnüffel-Server zu bannen und mit dem LBE Privacy Guard den Apps überflüssige Rechte entziehen. Das Recht, die Phone-ID zu lesen, brauchen Programme doch nur, um mich unauffällig identifizieren zu können, nur dann haben gesammelte Daten auch Sinn - also in die Tonne damit!

     

    Man kann einiges tun, aber es wird einem schwer gemacht. Wenn Firmen "Sicherheit" sagen, dann meinen sie ihre Sicherheit vor dem Kunden und "Bezahlsicherheit". Darum soll das kommende SmartPhone-Betriebssystem von Microsoft noch zugenagelter sein als das von Apple...

     

    Auch der Gesetzgeber könnte etwas tun: Warum gibt es immer noch die Abzockfalle "WAP-Billing"? Damit können uns dubiose "Anbieter" bequem das Geld über die Mobilfunkrechnung aus der Tasche ziehen. Und weil die Telefongesellschaften dabei fleißig mitkassieren, weigern sich manche von denen, diesen "Service" auf Wunsch abzuschalten!

     

    Außerdem: Wir sind doch alle Mitglieder in der super-tollen EU; warum sind trotzdem die DatenRoaming-Preise vergleichbar hoch wie die von Druckertinte? Eine Fehlbedienung des Geräts im Ausland kann ein tiefes Loch in die Kasse reißen ... einen Monat später.

     

    Es ist kein kein Wunder, daß die Leute vorsichtig sind. Im Gegensatz zum PC sind SmartPhones völlig intransparent und bevormundend. Sie haben zu viele Funktionen und können zu viel heimlich im Hintergrund machen. Und dann auch noch Apps, die sich nicht entfernen lassen. Ohne die Möglichkeit, Vollzugriff zu bekommen, hätte ich mir auch keines beschafft.

  • MK
    Michael Kruse

    Frau Aigner hat recht.

    Die Hersteller sind in der Pflicht!

     

    Wie in dem Artikel schon angedeutet wurde, verzichten sehr viele Menschen auf das Benutzen von Apps.

     

    Die einzig richtige Entscheidung.

     

    Bei vielen hört aber das Denken auf wenn es etwas "umsonst" gibt.

    Umsonst ist nichts im Leben!

    Wenn ich nicht mit Geld direkt bezahle dann vielleicht mit meinen Daten. Damit diese zu Geld gemacht werden.

     

    Denn von irgend etwas müssen ja auch die Unternehmen leben!

     

    Aufgabe der Regierung und der Behörden kann hier nur die Aufklärung über das Abgreifen von Daten sein.

     

    Der Rest ist anschließend meine eigene Entscheidung!