piwik no script img

Sexuelle Gewalt an KindernSchutz gibt es nicht gratis

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Kinder müssen in sozialen Institutionen wie Schulen besser vor sexuellen Übergriffen geschützt werden. Das wird Kraft kosten – und Geld.

Überall dort, wo Wissen und Sensibilität fehlen, können Kinder leichte Beute werden (Symbolbild) Foto: dpa

A m Donnerstag werden die Urteile im sogenannten Lügde-Prozess gesprochen. Die beiden Hauptangeklagten dürften für viele Jahre hinter Gitter wandern. Das ist gut so, denn sie haben massenhaft und in brutaler Weise Kindern Gewalt zugefügt. Auch wenn der Fall Lügde in seiner Drastik ein Einzelfall zu sein scheint, heißt das nicht, dass Kinder und Jugendliche anderswo und in jedem Fall besser vor Missbrauch geschützt sind. Im Gegenteil: Überall dort, wo Wissen, Sensibilität und Engagement für Kinderrechte fehlen, können Kinder leichte Beute werden. Die Tatorte können Schulen sein, Krankenhäuser, Ferienheime, Internate, Sportvereine, kirchliche Einrichtungen.

Das heißt nicht, dass dort grundsätzlich Gefahr lauert und Kinder nicht mehr im Krankenhaus behandelt werden oder ins Ferienlager fahren können. Aber nicht selten wissen Lehrer*innen, Erzieher*innen und Krankenhauspersonal gar nicht, worauf sie achten müssen, um sexuellen Missbrauch zu erkennen. Das sollten sie aber wissen, denn nur so können sie eingreifen – am besten bevor etwas passiert.

Dafür braucht es Schutzkonzepte in jeder Schule, jeder Kita, jeder Klinik, jedem Hort. Es muss Personen geben, an die sich Kinder und Jugendliche wenden können, ohne Furcht, dass ihnen (wieder) nicht geglaubt wird. Und mit der Gewissheit, dass ihnen (endlich) geholfen wird. In Einrichtungen, wo Kinder und Jugendliche aufeinandertreffen und betreut werden, muss eine angstfreie Atmosphäre herrschen. Eine solche Atmosphäre ist kein Selbstläufer, sie steht und fällt mit den Personen, die sie produzieren.

Flächendeckende Schutzkonzepte zu erarbeiten, Schulgesetze dahingehend zu ändern und Ansprechpartner*innen in den Einrichtungen auszubilden, kostet viel Geld. Der Missbrauchsbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig spricht gern von einer dreistelligen Millionensumme, die dafür nötig sei. Und er wünscht sich „kinderschutzfreundliche Finanzminister“. Das klingt ein bisschen wie Gedöns, entspricht aber exakt der UN-Kinderrechtskonvention, die auch Deutschland ratifiziert hat.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!