Sexualisierte Gewalt in Kulturbranche: Aktionsplan steht

Theater und Film gelten als besonders anfällig für Machtmissbrauch – auch wegen befristeter Arbeitsverträge. Das soll sich ändern.

Eva Hubert, Ferda Ataman, Claudia Roth und Olaf Zimmermann

Eva Hubert, Ferda Ataman, Claudia Roth und Olaf Zimmermann (v.l.n.r.) am Dienstag in Berlin Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN epd | Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) will konsequenter gegen sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt in Kultur und Medien vorgehen. Dazu soll unter Federführung des Deutschen Kulturrates mit Bran­chen­ver­tre­te­r*in­nen bis zum Frühsommer ein Verhaltenskodex als freiwillige Selbstverpflichtung erarbeitet werden, wie Roth am Dienstag in Berlin ankündigte.

Sollte dieser sogenannte Code of Conduct dann innerhalb von zwei bis drei Jahren von den Unternehmen und Verbänden nicht umgesetzt werden, sollten Arbeitsschutzregeln verbindlich in staatliche Förderverträge etwa für Filmproduktionen geschrieben werden, erklärte Roth weiter. Der geplante Verhaltenskodex solle vor allem einen Diskussionsprozess zum Thema Machtmissbrauch und Sexismus anregen. Er ist Teil eines „Aktionsplans zur Förderung eines Kulturwandels“, den Roth am Dienstag vorstellte.

Dazu gehört auch ein Ausbau der Präventionsangebote der vor fünf Jahren gegründeten Beratungsstelle „Themis“ gegen sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt in der deutschen Kultur- und Medienbranche. Die vor allem von den Branchenverbänden getragene Beratungsstelle hat nach eigenen Angaben bislang mehr als 2.000 Beratungsgespräche, darunter 845 Erstgespräche mit Betroffenen geführt.

Weiter sieht der Aktionsplan vor, dass „Themis“ online verfügbare Instrumente zur Organisationsentwicklung auch kleineren Unternehmen zur Verfügung stellt. Ziel sei es, „niedrigschwellig einen Wandlungsprozess zugunsten diskriminierungsfreier Arbeitsstrukturen“ anzustoßen.

Schutz für freie Mit­ar­bei­te­r*in­nen

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, kündigte an, dass mit der geplanten Reform des Antidiskriminierungsgesetzes auch der Schutz von Freischaffenden geregelt werden soll. Sie plädierte zudem für Antidiskriminierungsklauseln in Honorarverträgen. Der gesetzliche Antidiskriminierungsschutz gelte bislang nur für angestellte Mitarbeiter*innen.

Die von „Themis“ erfassten Belästigungsformen gehen von verbalen, unangebrachten Äußerungen mit sexuellem Inhalt bis hin zu schweren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Laut Ataman belegen Umfragen der Antidiskriminierungsstelle, dass 46 Prozent der Mit­ar­bei­te­r*in­nen in den Kultur- und Medienbranchen in den vergangenen drei Jahren von sexueller Belästigung betroffen waren.

Bei einem Anruf bei „Themis“ melden sich den Angaben zufolge eine Juristin oder eine Psychologin mit Branchenkenntnissen. Auf Wunsch kann auch mit einer männlichen Person gesprochen werden. Sexuelle Belästigung liegt laut „Themis“ immer dann vor, wenn das Verhalten einer oder mehrerer Personen unerwünscht, übergriffig und einseitig ist. „Themis“ ist benannt nach der griechischen Göttin der Gerechtigkeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Mit Blick auf in den Medien erhobene Vorwürfe gegen den Filmschauspieler und –regisseur Til Schweiger bei der Produktion des Films „Manta Manta – Zwoter Teil“ forderte Roth von der Produktionsfirma Constantin Film Aufklärung. Es gehe um eine staatliche Förderung von rund 2,1 Millionen Euro, sagte sie.

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