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Sexistische Ford-Werbung in IndienDer Bunga-Bunga-Kofferraum

Eine Kampagne des Autoherstellers Ford geht nach hinten los. Selbst die zuständige Agentur distanziert sich von der brutalisierten und sexualisierten Darstellung.

Das ist noch das harmloseste Motiv. Bild: Ford

Drei geknebelt und gefesselte, leicht bekleidete Damen liegen im Kofferraum eines roten Kleinwagens. Am Steuer sitzt Silvio Berlusconi. Das ist das Motiv einer aktuellen Autowerbung aus Indien.

Aus Indien? Das Land, in dem derzeit auf der Welt wohl am heftigsten über Sexismus und Gewalt an Frauen debattiert wird? Das Indien? Ja, das Indien.

Ford und die verantwortliche Werbeagentur JWT India distanzieren sich mittlerweile von der Kampagne. Man habe das alles nicht so gewollt und bedauere nun, dass die Werbung jemals veröffentlicht wurde, heißt es da. Bullshit! Bestellt und produziert wurde die Werbung ja dennoch.

Bei genauerer Betrachtung dieser entpuppt sich eine von Berlusconis Geiseln als seine minderjährige Bunga-Bunga-Spielgefährtin Ruby. Die Werbung ist ein Beispiel von unnötiger Sexualisierung und kommt zeitgleich mit dem neuen Antivergewaltigungsgesetz zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Sex sells, aber eben nicht immer.

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19 Kommentare

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  • G
    Geschmacksfrage

    Wer glaubt ihr wohl, fühlt sich schlechter: Ein Mann mit großem Kinn, der mit Mega-Kinn gezeichnet wird oder eine Frau mit Größe C, die auf einem Bild Größe D bekommt? Auf beiden Bildern werden körperliche Merkmale übertrieben dargestellt, was ja auch ein wesentliches Merkmal von Karikaturen ist. Da das eben das Merkmal einer bestimmten Kunstform ist, find ich das voll o.k. Wenn ich Moralapostel spielen wöllte, fände ich es jedenfalls viel fieser, solche körperlichen "Anomalien" wie Schumis Kinn zu übertreiben als die doch unzweifelhaft attraktiven Rundungen einer Frau. Aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

  • R
    Rennfahrer

    Lars, vier Dinge möchte ich dir mit auf den Weg geben:

    1. Hast du mal in einem Rennanzug gesteckt? Die Dinger sind so stramm und drunter ist noch feuerfeste Unterwäsche. Da kannste noch so'n dicken Willi haben, der hinterlässt keine Beule.

    2. Karikaturen stellen überspitzt die Realität dar und machen sich so lustig darüber. Die Realität ist nun mal, dass die Gespielinnen von Berlusconi eher die der leicht bekleideten Fraktion sind. Soll der Zeichner über diesen sehr wesentlichen Fakt etwa hinwegsehen?

    3. Wie kommst du darauf, dass bei den dargestellten Frauen nicht auch Talent und Können im Vordergrund stehen? Ganz sicher haben die auch Talent und Können, aber eben auf einem ganz anderen Gebiet als die Rennfahrer.

  • L
    @Lars

    Dir hat sich wohl irgendwie der Inhalt der Satire nicht erschlossen. Hätte Berlusconi männliche Rennfahrer oder Damen im Rennanzug im Kofferraum liegen, wo wäre da der Witz?

    Im übrigen bist du der erste Mensch, von dem ich höre, dass er auf Karikaturen nach sekundären Geschlechtsorganen oder Beulen in der Hose sucht.

    Zum Schluss erkläre uns doch bitte noch, warum eine Frau mit großen sekundären Geschlechtsorganen Talentfrei sein soll? Hat da etwa der latent in dir vorhandene Sexist geschrieben?

  • L
    Lars

    @no gender:

     

    Also, der Unterschied springt doch ins Auge: bei den Frauen stehen Körperliche Merkmale (sekundäre Gschlechtsorgane) visuell im Vordergrund, bei den Männern aber nicht die Beule in der Hose, sondern ihr fahrerisches Können beim Rennsport.

     

    Die Frau wird also auf ihren Körper als Nutzungsobjekt für andere degradiert, wogegen beim Mann Talent und Können offenbar Grund für die Entführung sind.

     

    Gefesselt im Kofferraum geht natürlich generell nicht klar - aber darin spiegelt sich aber eben nicht der Sexistische Aspekt der Anzeige wider.

     

    Aber nu... *seufz*

  • K
    Karikaturist

    Leute, kommt mal runter! Es handelt sich um Karikaturen! Die Reaktion des Autors und einiger Kommentatoren erinnert mich stark an die Reaktionen auf ein paar Bildchen in der dänischen Jyllands-Posten.

  • AA
    @Axel Arend

    Du stellst da den falschen Vergleich an:

    Kidnapping ist natürlich nicht weit weniger verwerflich als den Papst als einen alten Sack zu bezeichnen. Eine Satire mit gefesselten Frauen und Männern dagegen ist in etwa die selbe Niveaustufe. Natürlich absolut ohne das werten zu wollen. Wichtig ist eigentlich nur, dass in einer freien Gesellschaft beide Formen der Satire möglich sind. Allerdings find ich die grafische Berlusconi-Veralberung witziger als das einfallslose Papst-Bashing des besagten Autors.

  • B
    Bernhard

    Lieber Herr Blum,

    dieser Artikel ist so schlecht recherchiert, dass das schon fast strafrechtlich relevant ist (Verleumdung). So schreibt die verlinkte Quelle u.a.:

     

    "BI reported on Friday that the ads were not approved by Ford."

    [...]

    "”These were made as posters by individuals. They have never been paid for and were not expected to be released,” the ad agency told the ET."

     

    Mit diesen Äußerungen setzen Sie sich überhaupt nicht auseinander, sondern stellen die - zweifelsfrei geschmacklosen - Darstellungen als "aktuelle Autowerbung aus Indien" dar. Das ist nach der von Ihnen verlinkten Quelle schlicht falsch.

  • AA
    Axel Arend

    @FaktenStattFiktion Aha, Kidnapping ist also weit weniger verwerflich als den Papst als einen alten Sack zu bezeichnen. Hätte die Inquisition sicher auch so gesehen.

     

    @DanielBlum Was soll uns die Wortgruppe "unnötig sexualisiert" sagen? Gibt es "notwendig sexualisierte" Werbung? Oder ist einfach generell Alles von vornherein bedenklich was mit Sex zu tun hat?

  • NG
    no gender

    Warum sind drei gefesselte Männer im Kofferraum das "harmloseste Motiv", während drei gefesselte Frauen im Kofferraum Anlass für einen empörten Aufschrei sind. Ist Gewalt gegen Männer etwa harmloser als Gewalt gegen Frauen? Oder ist das eine Motiv etwa nur harmlose Satire und das andere pervers? Wieso sollte es einen Unterschied in der moralischen Betrachtung von Gewaltdarstellung geben, je nachdem ob das Opfer Mann oder Frau ist? Dieser Artikel von Herrn Blum ist das beste Beispiel für den alltäglichen unterschwelligen Sexismus, über den sich leider niemand aufregt.

  • L
    Lars

    @the User:

     

    Deine Kritik geht etwas ins Leere. Du hast schon recht, bei Bunga Bunga ging's um Sex, teilweise sogar einvernehmlich nehme ich an, wenn auch mit krassem Machtgefälle. Aber nun, 50 nackte Leute am Pool - selbst in Italien kann Mensch nein sagen. Ein Bild von besagten nackten am Pool wäre also wohl wenigstens "realistisch", als Werbeanzeige uncool, aber geschenkt.

     

    Bei diesem Bild jedoch geht es um etwas _ganz_ anderes!

     

    (Images.google.com, Suchbegriff Ford India "hilft").

     

    Die Frauen liegen (nur um es noch mal zu betonen) gefesselt im Kofferraum, vorne Berli mit Victory-Geste.

     

    Dabei sind die Frauen visuell sichtbar reduziert auf Arsch und Titten - reine Lustobjekte ohne Rechte, die es zu entsorgen gilt (Slogan: "Leave your worries behind").

     

    Und die Träne auf der Wange sowie die Gesichtsausdrücke machen weiterhin deutlich: hier geht es offenbar auch nicht um einvernehmliches BDSM-Rollenspiel. Hier geht es um Gewalt, Dominanz, und die Reduzierung der Frau auf Fleisch. Wenn's nicht mehr schmeckt, dann eben auf die Müllhalde damit.

     

    Und das diese Möglichkeit FÜR einen Ford spricht, also etwas positives ist, setzt der Darstellung ja erst das Krönchen auf.

     

    Und damit sind wir dann entgültig bei: sexistischer Kackscheiße.

     

    Das ist Zementierung patriarchaler Verhältnisse par excellence und hätte weltweit in keiner Werbeanzeigen etwas verloren.

     

    Das ausgerechnet eine indische Agentur damit um die Ecke kommt, zeigt vielleicht noch mal die dortige Situation - aber hier würde sich die auch irgendwer ausdenken. Garantiert.

  • W
    Wondera

    Daniel Bluhm, der Autor des Berichtes, schreibt unter anderem: "... Drei geknebelt und gefesselte, leicht bekleidete Damen liegen im Kofferraum eines roten Kleinwagens. ..."

    ABER: Es werden auf dem Bild drei gefesselte MÄNNER gezeigt.

    Was nun?

  • F
    FaktenStattFiktion

    Das ist -verglichen mit den dümmlichen und menschenverachtenden Auswürfen eines Herrn Yüksel - absolut harmlos.

  • S
    SackReis3000

    Kennt man Silvio überhaupt in Indien?

     

    Trotzdem mal wieder vielen Dank für das viral marke- ääh, die unabhängige Berichterstattung, taz!

  • DG
    Die Geschundenen

    Hallo TAZ!

     

    Jetzt reicht es Ihr Heuchler!

    Was soll das denn schon wieder?!

    Kümmert Euch lieber um die geschundenen Frauen weltweit!

     

    Aber nicht so!

     

    Kopfschüttel!

  • TU
    The User

    Inwiefern ist dies Sexualisierung „unnötig“? Bunga Bunga ist nunmal eine sexuelle Angelegenheit. Für jemanden, der darauf visuell Bezug nehmen möchte, ist natürlich eine sexualisierte Darstellungsform eine naheliegende Wahl.

  • R
    reblek

    "Drei geknebelt und gefesselte, leicht bekleidete Damen." - Wenn "gefesselte" und "gekleidete", dann auch "geknebelte".

    "Aus Indien? Das Land, in dem... Das Indien? Ja, das Indien." - "Das" wird auch durch Verdreifachung nicht besser und schon gar nicht richtig: Aus Indien? Dem Land..."

    Bestellt und produziert wurde die Werbung ja dennoch." - Wieso "dennoch", schon eher "schließlich".

    "Die Werbung ist ein Beispiel von unnötiger Sexualisierung..." - Aha, es gibt foglich auch nötige Sexualisierung"?

  • S
    Sebastian

    Es ist ja schön, dass hier auf den Sexismus in diesem Werbeplakat hingewiesen wird, aber dennoch sollte man darauf hinweisen, dass die Darstellung wesentlich schlimmer ist.

     

    Wir reden hier über ein Land in der ein Problem mit der Sich von Männern auf Frauen diskutiert wird. Insgesamt sind die Vergewaltigungen nur die Spitze des Eisbergs, wenn auch wohl offensichtlich gleichsam der schlimmste Auswuchs dieses gesellschaftlichen Problems in Indien.

     

    Die Frauen werden hier allerdings gefesselt und geknebelt dargestellt. Obendrein fließt einer davon eine Träne die Wange runter.

     

    Das Problem ist hier nicht Ruby, die mittlerweile im übrigen volljährig ist. Das Problem ist das ein offizielles Werbeplakat eines amerikanischen Konzerns glaubt, dass man eine große Zahl von Kunden ansprechen kann, in dem man sadistische Fantasien in diesem Plakat verbaut.

  • HB
    Heinz Boxan

    Ja was ist jetzt?

    Kauft Berlusconi das Auto oder nicht?

    inribonax

  • C
    Clemens

    Es sei der Hinweis erlaubt, diese Anzeige wurde nie als Anzeige veröffentlicht, sondern nur als "Pitch" auf einer Spezialseite auf der sich Werbeagenturen präsentieren. Das hilft nicht bei der geschmacklosen Idee, aber veröffentlicht von Ford ist doch etwas anderes.