„Sexismus, eine never-ending Story“

Die Zukunftskommission Sport fordert eine Frauenquote von 30 Prozent in Hamburger Vereinen und Verbänden. Bisher sind Männer dort an der Spitze oft ziemlich unter sich. Dörte Kuhn will das ändern

Foto: privat

Dörte Kuhn

51, ist ehrenamtliche Vizepräsidentin des HSB. Sie leitet die Kommission Frauen im Sport sowie LSBTIQ* im Sport und ist Mitinitiatorin des Sportsfrauen-Netzwerks.

Interview Hagen Gersie

taz: Frau Kuhn, Sie empfehlen eine Frauenquote in Sportvereinen von 30 Prozent. Warum nicht gleich 50?

Dörte Kuhn: Weil es realistisch bleiben muss. 50 Prozent Frauen in Verantwortungspositionen sind definitiv mal ein Ziel. Das Problem ist, wenn wir jetzt 50/50 fordern, wird es viele Widerstände geben, und es stellt sich die Frage: Wie kommen wir dahin? Der erste Schritt muss sein: 30. Das ist die Untergrenze. Jetzt streuen wir das in die Welt und hoffen, dass möglichst viele Institutionen auch mitziehen.

Wie ist denn die aktuelle Lage in Hamburg?

In Hamburg liegt die Schere weit auseinander. Wir haben Verbände und Vereine, für die es gar kein Problem ist. Aber es gibt auch welche, wo das ganz anders aussieht. Mehr als die Hälfte der angestellten Personen sind Frauen, aber maximal 20 Prozent der Führungspositionen sind Frauen. Das heißt auf dem Weg nach oben klappt irgendwas irgendwo nicht.

Woran liegt das?

Das ist unterschiedlich. Ich glaube, was am meisten ausmacht, ist der sogenannte Bias. Ich als Frau wähle eher Frauen, als Mann eher Männer, als Akademikerin eher Akademikerinnen. Und da ist es natürlich so, wenn ich viele Männer habe in meiner Struktur, wählen die eher Männer. Dann gibt es natürlich eine Vielzahl von Vorurteilen, Frauen können dieses und jenes nicht. Und das Thema Sexismus, das ist ja eine never-ending Story. Aber es gibt auch die intrinsischen Faktoren wie das Gefühl, ob ich mir das selber zutraue.

Und dagegen hilft die Quote?

Ich muss mehr Frauen bekommen, um mehr Frauen zu sehen und ich bekomme mehr Frauen, wenn ich mehr Frauen sehe. Und das ist der Moment, wo die Quote reingrätscht und sagt, okay, da müssen wir den Druck erhöhen und die Notwendigkeit schaffen, dass sich alle mehr bemühen. So treten wir aus dem Bias bewusst heraus.

Was bringt eine „Empfehlung für eine verbindliche Quote“?

Das Schöne ist, dass die Zukunftskommission Sport (ZKS) eine sehr renommierte und hoch angesehene Institution ist. Das erzeugt einen gewissen öffentlichen Druck und eine Not, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Es gibt keinen Zwang das jetzt umzusetzen, aber ich glaube, es ist einer von vielen Schritten, sich auf den Weg zu machen.

Wird es die Quote im Hamburger Sportbund (HSB) geben?

Ja, wir sind schon dabei. In der internen HSB-Kommission Frauen im Sport überlegen wir uns ganz konkret zu verschiedenen Handlungsfeldern Ziele und welche Maßnahmen es braucht, um Vereine und Verbände auf dem Weg zu begleiten. Es bringt nämlich nichts, wenn ein Dachverband wie der HSB sagt, mach’s mal, aber alle alleingelassen werden. Gleichstellung betrifft alles in einem Verband, und es braucht Zeit, das ins Bewusstsein zu tragen.