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Serienadaption von SciFi-KlassikerDie politische Sprengkraft fehlt

In „Kindred: Verbunden“ reist eine Schwarze 26-Jährige in die Zeit, als die Sklaverei in den USA noch nicht abgeschafft war.

Mallori Johnson als Dana Foto: Tina Rowden/FX Productions

Es wirkt wie ein böser Traum: Die 26-jährige Dana (Mallori Johnson) hört des Nachts an einem ihr unbekannten Ort ein Baby schreien, nähert sich der Wiege und dreht es, um es vor dem Erstickungstod zu bewahren. Wenig später steht sie in einem nur von Kerzen beleuchteten Flur zwei ihr ebenso unbekannten Frauen gegenüber, die über das Neugeborene und sein Wohlergehen sprechen. Als sie Dana erblicken, sehen sie in ihr ein Gespenst. Eine von ihnen beginnt hysterisch zu schreien und rennt mit weit aufgerissenen Augen auf sie zu.

Doch kurz bevor die Frau sie erreicht, erwacht Dana am Boden des nur karg möblierten Hauses, das sie sich gerade gekauft hat. In der Nacht darauf wähnt sich Dana erneut an einem fremd scheinenden Ort, diesmal ist es ein Junge (David Alexander Kaplan), dessen Leben sie rettet, indem sie ihn aus einem Fluss zieht.

Wie sich zeigt, ist es nicht nur dasselbe – nun um einige Jahre gealterte – Kind, sondern auch dasselbe Anwesen wie aus dem ersten Intermezzo: Eine Plantage in Maryland, auf der um das Jahr 1815 Sklaven gehalten werden. Für eine Schwarze Frau wie Dana sind die Südstaaten während des Antebellum eine Löwengrube – weshalb sie sich immer wieder dorthin versetzt sieht, ist Teil des großen Mysteriums im Zentrum von „Kindred: Verbunden“, der achtteiligen Serie von Branden Jacobs-Jenkins.

Die Serie

„Kindred: Verbunden“, eine Staffel, 8 Folgen, zu sehen bei Disney+

Von Albträumen geplagt

Liegt eine Art böser Fluch auf ihrem neuen Grundstück, das sie gerade erst erwarb? Droht sie schlicht verrückt zu werden, so wie es ihre Mutter Olivia (Sheria Irving) war, die vor einigen Jahren in einen tragischen Unfall verwickelt gewesen ist? Oder wird sie von Albträumen geplagt, womöglich als Folge eines transgenerationalen Traumas? Die Serie macht spannend, dass man sich als Zuschauer nach und nach an die Wahrheit herantasten muss.

Immerhin, dass Dana tatsächlich auch physisch in die Zeit vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg katapultiert wird, kann ihr Kevin (Micah Stock) recht schnell versichern. Der Mann, den sie auf einer Dating-App „matchte“, wird Zeuge davon, wie sich Dana in Luft auflöst, wenn sie in die Vergangenheit reist.

Schon beim nächsten Mal begleitet er sie unfreiwillig, und weitere Fragen tun sich auf: Was genau löst die Zeitreisen aus? Warum hängt ihr Schicksal offenbar mit dem Sohn von Sklavenhaltern zusammen? Und ist ihre Mutter womöglich gar nicht tot, sondern ebenfalls in der Vorzeit gefangen?

Stereotyp planloser Millennials

Als die erste populäre Schwarze Science-Fiction-Autorin Octavia E. Butler das Szenario in ihrem gleichnamigen, 1979 erschienenen Roman ausbreitete, spielte es ebenfalls eine große Rolle, diese Rätsel zu entwirren. Wichtiger ist aber die Auseinandersetzung mit einer Schwarzen Frau der Gegenwart, die mit dem Amerika vor dem Sezessionskrieg konfrontiert wird. Butler setzt sich nuanciert mit dem Fortbestehen der Verknüpfungen von Rassismus und Sexismus aus dem Damals bis ins Heute auseinander.

Doch die politische Stoßkraft ist in der Serienadaption von „Kindred: Verbunden“ wenig zu spüren. Zwar versucht Branden Jacob-Jenkins die Brisanz des Originals aufrechtzuerhalten, indem er den in der Jetzt-Zeit angesiedelten Strang nicht mehr in den 1970ern, sondern im Jahr 2016 verortet. Allerdings beschränkt er sich dabei auf klischeebeladene Vorstellungen.

Wo Butler in der Vorlage mit Dana und Kevin ein langjähriges Paar unterschiedlicher Ethnie in den Fokus rückte, deren Ehe erst zehn Jahre vor dem Zeitpunkt der Handlung in den USA vollständig legalisiert wurde, ruht sich Branden Jacob-Jenkins auf Gemeinplätzen über das junge urbane Milieu aus. Etwa wenn er mit Dana und Kevin das Stereotyp planloser Millennials und die Beliebigkeit des Online-Datings behandelt und dem Geschehen so einen fragwürdigen „Rom-Com“-Beiklang verleiht.

Relevantere Themen wie Diskriminierung durch die Polizei sind nur über einen Fingerzeig eingebunden. Der Rassismus der weißen Mittelschicht wiederum wird ungalant über eine neugierige Nachbarin (Brooke Bloom), ein fleischgewordenes „Karen-Meme“, abgefertigt. Während das Buch ein Wagnis war, ist die Serie vor allem Unterhaltung.

Entbehrungsreicher Alltag der Sklaven

Auch wenn sich „Kindred: Verbunden“ der Darstellung der Vergangenheit widmet, sind es vor allem erwartbare Situationen, um die die Handlung kreist. Als weißem Mann wird Kevin im Haushalt von den Plantagenbesitzern Thomas (Ryan Kwanten) und Margaret Weylin (Gayle Rankin) Unterschlupf gewährt, während Dana als seine vermeintliche Leibeigene ins Kochhaus verbannt wird.

Durch ihre Augen taucht man in den entbehrungsreichen Alltag der Sklaven ein. Allerdings verharrt die mitunter ins Soap-artige abgleitende Erzählung zu sehr an der Oberfläche, um die Lebensumstände nachempfinden zu können. Das zahme „Kindred: Verbunden“ kommt den Dynamiken in der versklavten Gemeinschaft und ihren einzelnen Mitgliedern nie wirklich nahe. Und es stellt sich außerdem die Frage, ab wann die ständige Wiederholung von Bildern historischer Gräueltaten zu einer Trivialisierung des Schreckens beiträgt. Das leichtfüßige, aber wohlmeinende „Kindred: Verbunden“ überschreitet diese Linie nur knapp nicht. Die Serie ist zwar sehenswert. Trotzdem ist es bedauernswert, dass Octavia E. Butlers Text nicht wirkmächtiger umgesetzt wurde.

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