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Serie „Wild Republic“Jugendliche auf Abwegen

Die Serie „Wild Republic“ erzählt, wie eine Bergtour jugendlicher Straftäter schiefgeht. Die Geschichte ist an „Herr der Fliegen“ angelehnt.

Marvin (Rouven Israel) ist Teil der Jugendlichen, die zur Wild Republic gehören Foto: Luis Zeno Kuhn/WDR/dpa

Der Roman ist bald 70 Jahre alt, in seinem Kern aber kein bisschen verstaubt. Anders lässt sich die Zahl der Variationen auf das „Herr der Fliegen“-Thema, die das Serienschaffen derzeit hervorbringt, nicht erklären. In „The Wilds“ und „Yellowjackets“ sind es, anders als im insoweit etwas überkommenen Original, keine Jungs, sondern Teenagerinnen, die in der Zivilisation eingeübte Verhaltensweisen durch das Recht der Stärkeren auf die Probe gestellt sehen. Natürlich nach dem obligatorischen Flugzeugabsturz im Nirgendwo.

Aber muss es denn wirklich – und fast 20 Jahre nach „Lost“ (2004) – immer ein Flugzeugabsturz sein? In der deutschen Produktion „Sløborn“ verschont eine Viruspandemie die Kinder und Jugendlichen auf einer Insel, darunter die Teilnehmer eines Resozialisierungsprojekts für straffällig gewordene Jugendliche – also solche, die schon vor der existenziellen Grenzerfahrung ihre Probleme mit sozialadäquatem Verhalten hatten.

Diese sind es auch, die sich nun – in acht Folgen – auf der „Wild Republic“ niederlassen. Das Projekt ist diesmal kein Bauernhof auf einer Nordseeinsel, sondern eine gemeinsame Bergtour in den Alpen. Wie es der Initiator des Projekts, der Psychologe Lars Sellien (Franz Hartwig) in einer Fernseh-Talkshow erklärt: „Jugendliche Straftäter haben meist sehr starke Handlungsmuster entwickelt. Sie werden quasi automatisch immer wieder straffällig. Und diese Handlungsmuster, die müssen wir durchbrechen“, so Sellien. „Und das gelingt sehr gut, wenn man, wie wir, mit ihnen diese Zeit in den Bergen verbringt. Wenn wir sie aus den Routinen reißen. Denn wir wollen an den Kern ihrer Persönlichkeit.“

Genau dorthin werden sie auch vorstoßen, nur etwas anders und intensiver als vorgesehen. Die Verantwortung vor Ort trägt Selliens Freundin, die Sozialarbeiterin Rebecca (Verena Altenberger). In ihrer Begründung gegenüber den Jugendlichen schwingt am Ende bereits ein leiser Zweifel mit: „Man macht das, weil man an euch glaubt“, sagt Rebecca. „Weil man glaubt, dass ihr was Besseres verdient habt, als ihr bisher erlebt habt. Und weil man glaubt, dass ihr besser seid, als es auf den ersten Blick vielleicht aussieht. – Ist doch so, oder?“

Die Serie

„Wild Republic“, acht Folgen, ab 26. Mai auf Arte

Nun, ja – und nein. Kaum sind die Jugendlichen aufgebrochen, schon liegt da die Leiche des lokalen Bergführers. Die Jugendlichen haben ihre Erfahrungen mit dem Staat und seinen Behördenvertretern gemacht, sie wissen: Man wird das ihnen in die Schuhe schieben. Deshalb fliehen sie in die Wildnis – soviel man davon in der Mitte Europas heute noch finden kann. Zum Beispiel in einer Berghöhle.

Die Geiselnahme Rebeccas markiert die erste Konfliktlinie zwischen Ron (Merlin Rose) und Justin (Béla Gabor Lenz): verantwortungsbewusster linker Politaktivist aus großbürgerlichem Haus (mit Ulrich Tukur als Vater-Darsteller) und dem gewaltbereiten, manipulativen Egoisten. Damit nimmt der genretypische Konflikt seinen Lauf.

Auf der Produzenten-Seite haben hier, unter anderen, X Filme Creative Pool, MagentaTV, Arte, WDR, SWR und One zusammengefunden. Die (Haupt-)Autoren Arne Nolting, Jan Martin Scharf und Klaus Wolfertstetter haben sich nicht erst im Writer’s Room kennengelernt, sondern alle schon für „Alarm für Cobra 11“ geschrieben. Unter den beiden Regisseuren hat Markus Goller („Friendship!“) die größere Berufserfahrung, während Lennart Ruff einen Netflix-Film („The Titan“) mit Sam Worthington in der Hauptrolle vorweisen kann.

Auch hierzulande scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass viele Köche den (Serien-)Brei nicht zwingend verderben.

Und staunend nimmt man – neben den hochästhetischen Landschaftsaufnahmen – zur Kenntnis: Diese deutsche Serie kommt nicht so pompös daher, vermag aber an internationale Standards und Vorbilder durchaus anzuschließen. Pro Folge wird die (kriminelle) Vorgeschichte von jeweils einem Protagonisten in die Rahmenhandlung eingeflochten. Das hat sich schon in „Orange Is the New Black“ bewährt.

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