Serie „Stick“ mit Owen Wilson: In Hip-Hop-Hosen auf dem Golfplatz
Golf ist nur was für Bonzen und Trump? In „Stick“ will Owen Wilson das ändern. Und begibt sich dafür mit einer komischen Meute auf einen Roadtrip.
Kaum eine Sportart hat in letzter Zeit so sehr die Gemüter erregt wie Golf. Das liegt natürlich an Donald Trump, der lieber in einem seiner Golfclubs weilt und Bälle schlägt, anstatt sich um Regierungsgeschäfte zu kümmern. So der Vorwurf. Golf ist außerdem was für besser Betuchte und ökologisch sowieso eine Katastrophe. Da überrascht es dann doch, dass Apple TV+ gerade jetzt mit der hochkarätig besetzten Golf-Serie „Stick“ aufwartet. Doch in dieser eher unkonventionellen Erzählung geht es eben auch um soziale Underdogs, die sich auf dem herrschaftlichen Grün austoben. Dabei entwickeln sie auch gleich ihre eigene Philosophie des Spiels, die auf solidarischer und gemeinschaftlicher Selbstverwirklichung beruht und den Leistungsgedanken hinten anstellt – auch wenn das große Finish des Zehnteilers dann doch im Profisportsegment spielt.
Im Zentrum der Geschichte stehen der abgehalfterte und in die Jahre gekommen Golfstar Pryce Cahill (Owen Wilson) und das 17-jährige Wundertalent Santi Wheeler (Peter Dager). Cahill wittert die Chance, sich nach der Scheidung und dem Rauswurf aus dem gemeinsamen Haus wieder aufzurappeln, indem er den jungen Santi coacht. Der jobbt im Supermarkt, schlägt nur hin und wieder im nahegelegenen Club ein paar Bälle und hat eigentlich keine Lust auf Golf als Sport.
„Stick“ wirkt erst wie eine weitere Owen Wilson-Komödie, in der der Hollywood-Star mit der schiefen Nase den antibürgerlichen Außenseiter gibt und fortwährend an den eigenen Ansprüchen scheitert. Aber die Serie entwickelt über diesen abgestandenen und nervigen Stehsatz hinaus eine überzeugende Geschichte über familiäre Brüche, Verlustängste, sportlichen Leistungsdruck, Freundschaft und Loyalität.
Selbstbewusste Egos müssen Umgang auf Augenhöhe lernen
„Stick“ ab 4.6.2025 auf Apple TV+.
Der Hans Dampf in allen Gassen Pryce schafft es schließlich Santi, dessen Mutter Elena (Mariana Trevino) und seinen langjährigen Kumpel Mitts (Marc Maron) zu einem mehrwöchigen Trip im XXL-Wohnmobil zu diversen Golfturnieren zu überreden. Der Roadtrip durch die USA wird nicht nur zur Bewährungsprobe für Pryce Ambitionen als Trainer, es geht irgendwann vielmehr darum, wie diese vier Personen im Wohnmobil und auf den Golfturnieren miteinander auskommen und einen Umgang auf Augenhöhe miteinander finden. Gar nicht leicht bei den selbstbewussten Egos, die da aufeinanderprallen. Dann gesellt sich auch noch die jugendliche Zero (Lilly Kay) zu ihnen, die in Abgrenzung zu den Boomer-Altherren Pryce und Mitts mit antikapitalistisch-queer-feministischen Positionen hausieren geht und ein Tete-a-Tete mit Santi anfängt.
Natürlich mündet das alles in jenes aufregende Sport-Märchen, das zu Beginn angelegt ist, im großen Finale um Alles oder Nichts, wobei auch gleich noch ein widerlicher Erfolgs-Golfer aufs Kreuz gelegt wird. Aber plötzlich geht es auf dem „heiligen Grün“ um viel mehr als sportlichen Erfolg: um Beziehungsfähigkeit. Um die ringen der durch einen früheren Verlust traumatisierte Pryce ebenso wie Santi, der reichlich am gestörten Verhältnis zu seinem Vater zu knabbern hat und mit Zero eine coole, aber nicht gerade einfache Romanze erlebt. Seine Mutter Elena hat wiederum mit dem nörgeligen Mitts zu kämpfen, der in Erinnerungen an seine Ex-Frau ertrinkt.
So beliebig die Serie als Komödie beginnt, geht das emotional dann doch unter die Haut. Und der Golf wird bei aller Kritik an diesem Sport für reiche Pinkel beeindruckend in Szene gesetzt. Donald Trump könnte dennoch mit dem rebellischen, rotzfrechen und alle Autoritäten infragestellenden Santi, der als einziger Spieler in weiten Hip-Hop-Hosen auf dem Golfplatz steht und dessen Mutter die ganze Zeit Spanisch redet, wohl kaum etwas anfangen.
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