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Serbiens UnabhängigkeitsbestrebenDodik Paroli bieten

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Bosnische Serben treiben die Abspaltung von der Zentralregierung voran. Noch bleiben sechs Monate bis zu ersten konkreten Maßnahmen.

Will mit Bosnien und Herzegowina nichts mehr zu tun haben: der serbische Nationalist Milorad Dodik Foto: Dado Ruvic/reuters

M ilorad Dodik hat seinen Drohungen Taten folgen lassen. Mit den Beschlüssen der Mehrheit des Parlamentes der serbischen Teilrepublik hat er den gemeinsamen Staat Bosnien und Herzegowina ernsthaft infrage gestellt, auch wenn die Maßnahmen erst in einem halben Jahr umgesetzt werden sollen. Der serbische Nationalist fordert damit all jene heraus, die für westliche Werte, für Demokratie und Menschenrechte eintreten. Nicht nur in Bosnien. Dodik kann sich der Unterstützung Russlands und Serbiens sicher sein.

Eine Strategie der Neuordnung des Balkans scheint dort schon lange abgesprochen zu sein. Die Tatsache, dass Putin Dodik mehrmals in Moskau empfangen hat, bleibt Randnotiz. Entscheidend ist, dass Russland in den letzten Jahren die antidemokratischen Kräfte auf dem Balkan gestärkt und in dem serbischen Präsidenten Alexandar Vučić einen strategisch verlässlichen Partner gefunden hat.

Mehr noch: Putin kann über Gegner der liberalen Demokratie in der EU, wie Viktor Orbán, Einfluss auf die Politik der EU nehmen. Die Konfrontation verläuft nicht nur an der Grenze zur Ukraine, sondern auch auf dem Balkan und in der EU selbst. So kann man sich nur wundern, wenn weder Brüssel noch Berlin bislang versuchten, diese Strategie zu durchkreuzen. Es gehört wohl zu den großen Fehlern Angela Merkels, dass sie den serbischen Diktator Alexandar Vučić bis zuletzt hofierte.

Und als die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den ungarischen Diplomaten und Freund Orbáns, Olivér Varhelyi, zum Erweiterungskommissar für die Balkanländer ernannt hat, machte sie den Bock zum Gärtner. Die EU-Verhandlerin in Bosnien, Angelina Eichhorst, hat in den letzten Monaten die Positionen der serbischen und kroatischen Nationalisten gestärkt. Das Resultat sieht man jetzt.

Für die BosnierInnen bleibt nur noch die Hoffnung auf die neuen Regierungen in Berlin und Washington. Wer für Menschenrechte und Rechtsstaat eintreten will, muss umgehend aktiv werden. Denn der Sieg des Nationalismus in Bosnien steht gegen alles, was westliche Werte ausmacht.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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3 Kommentare

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  • Der hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina mit seinen Bonner Befugnissen, die ihm erlauben per Vollmacht demokratisch gewählte Amtsträger zu entlassen, nach gutdünken Gesetze zu erlassen und neue Behörden zu schaffen, ist also ein Beispiel westliche Werte, für westliches Demokratieverständnis, für Menschenrechte und Rechtsstaat?

    • @Colonel Ernesto Bella:

      Die Einrichtung war nach dem Bürgerkrieg notwenig, hat sich auch der Westen nicht allein ausgedacht, sondern passiert(e) in Abstimmung mit dem UN- Sicherheitsrat. Ganz offenbar benötigen Sie diese Stütze immer noch. Ganz besonders der bosniakische Bevölkerungsteil benötigte nach dem Genozid von Srebrenica durch die Serben diese Institution als Schutz. Die internationale Gemeinschaft müsste sich aber endlich mal einschalten um die gravierenden Fehler von Dayton – besonders die Aufteilung in eine Serbische Republik u eine kroatisch- bosniakische Föderation revidieren. Es kann nicht sein, dass die Aggressoren, die Serben, welche die Bosniaken aus der heutigen Serbischen Republik vertrieben u ermordet haben sich mit diesem Gebiet nun abspalten (u an Serbien anschließen) u so spät doch noch einen Kriegsgewinn einfahren. Leider ist die internat. Gemeinschaft da im Moment gespalten, wie bei allem, siehe auch Ukraine. Und so ist auch Bosnien weiterhin blockiert und steckt in seiner Entwicklung fest.

  • ich befürchte ja schon seit langem, es gibt in der gegenwärtigen Generation demokratischer westlicher Politiker keine wirklich fähigen strategischen Köpfe. Mir fallen jedenfalls keine ein. Die scheint es ausschließlich auf Seiten der Demokratiefeinde zu geben. Die Verteidiger der Demokratie glauben alles ließe sich mit Dialog lösen und zahnlosen Sanktionen. Gleichzeitig sitzen scharenweise deutsche u österreichische Ex- Politiker in Aufsichtsräten russischer Staatskonzerne. Da nützt es am Ende auch nichts dass der Westen wirtschaftlich besser als Russland dasteht und angeblich auch sein Militär (jedenfalls was die Höhe der Ausgaben anbelangt). Und zur Krönung bestellt man in einer solchen Lage Christian Schmidt zum Hohen Repräsentanten in Bosnien.