Sensation beim College-Football: Irre Touchdown-Show
Dem deutschamerikanischen Footballer Amon-Ra St. Brown glückt ein seltenes Kunststück. Jetzt interessieren sich alle für seine besondere Familie.
V ier Touchdowns schafft eine Football-Mannschaft nicht immer in einem Spiel. Vier Touchdowns in einem Spielviertel erzielt eine Football-Mannschaft sehr selten. Vier Touchdown-Fänge eines einzigen Spielers in einem Viertel? Kommt eigentlich nie vor. In der gut 150-jährigen Geschichte des College-Football nur ein einziges Mal.
Bis zum vergangenen Wochenende, da fing Amon-Ra St. Brown in den ersten 15 Minuten Spielzeit für sein Team von der University of Southern California (USC) vier Pässe – und alle vier waren sechs Punkte wert. Angesichts der Touchdown-Show des Deutschamerikaners geriet der 38:13-Sieg der USC Trojans gegen Washington State fast zur Nebensache.
Stattdessen rückte der Auftritt von Amon-Ra die außergewöhnliche Football-Familie St. Brown in den Fokus. Denn neben Amon-Ra Julian Heru J. St. Brown gibt es noch Osiris Adrian Amon-Ra J. St. Brown und Equanimeous Tristan Imhotep J. St. Brown. Die drei Brüder mit den exzentrischen Namen spielen alle auf der Position des Wide Receiver, sind also Sprinter, die die vom Quarterback geworfenen Bälle fangen sollen.
Alle drei St. Browns träumten schon von Kindesbeinen von einer Karriere als Profis in der National Football League. Amon-Ra ist, obwohl der Jüngste, der Star von USC. Der 22-jährige Osiris spielt für die Mannschaft von Stanford, der Elite-Uni bei San Francisco. Und der 24-jährige Equanimeous hat es bereits in die NFL zu den Green Bay Packers geschafft und spielt dort regelmäßig. Vor knapp zwei Jahren hatte er einen Auftritt im „Aktuellen Sportstudio“, als erster Football-Spieler in der Geschichte der ZDF-Sendung.
Nach dem Plan des Vaters
Dass Amon-Ra und Osiris ihm in die NFL nachfolgen, dafür stehen die Chancen gut. Die beiden werden wahrscheinlich 2022 am Draft teilnehmen, wenn die besten Talente an die Klubs verteilt werden. Wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, dass alle drei Brüder in der NFL spielen, ist der Plan ihres Vaters aufgegangen.
In den 80er Jahren war John Brown ein erfolgreicher Bodybuilder. Der junge Mann aus Compton, dem berüchtigsten, von Generationen von Gangsta-Rappern besungenen Ghetto von Los Angeles, war nicht nur einer der wenigen Schwarzen in dem Sport, er revolutionierte ihn, weil er eine Show aus Muskelmasse, Musik und Bewegung bot.
Zweimal gewann Brown den Mr.-Universe-Titel, dreimal den Mr.-World-Wettbewerb, obwohl er stets mit Rassismus konfrontiert war. „In Europa wurden wir besser behandelt als zu Hause“, erzählt er einer Lokalzeitung. „Dort drüben waren wir Berühmtheiten, während wir in den USA mit viel größerem Rassismus zu kämpfen hatten.“
Dort drüben, bei einer Fitnessmesse, lernte Brown Miriam Steyer aus Leverkusen kennen. Sie wird die Mutter der drei Söhne. Den Namen des ersten entdeckt Brown in einem Buch, das ein Kommilitone geschrieben hatte. „Ein Schock“, erinnert sich Mutter Miriam, „keiner konnte Equanimeous aussprechen.“ Die nächsten beiden Söhne hießen nicht ganz so abgehoben bloß wie ägyptische Gottheiten. Dafür ließ ihr Papa den Nachnamen ändern, er wollte den Sklavennamen nicht weiter vererben: Die drei heißen seitdem nicht nur schlicht Brown, sondern St. Brown.
Vor allem aber werden sie von den Eltern, die eine Frauenbekleidungsfirma betreiben, früh fit gemacht: von der Mutter für die Schule, vom Vater an Hanteln und Gewichten. Schon im Kindergartenalter steht Fitness- und Krafttraining auf der Tagesordnung, zum Frühstück gibt es Fleisch und viel Eiweiß, ob aus Steaks oder Protein-Drinks, nach einem Geheimrezept von John und vermarktet unter dem Namen „Cane Protein“. Zudem schreiben alle drei gute Noten, die Mutter zieht mit den Söhnen für ein Jahr nach Paris, um ihr Französisch aufzupolieren, heute sind die drei Modellathleten trilingual. Vier Touchdowns in einem Viertel? Sind da doch ein Kinderspiel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid