Senator Müller zum Volksentscheid: "Votum ist keinem im Parlament egal"

Für Umweltsenator Michael Müller (SPD) sind die 600.000 Ja-Stimmen ein politisches Statement für die Energiewende. Daran sei nun auch die CDU gebunden.

Auch der Umweltsenator will erneuerbare Energien fördern - mit der Senats-Version eines Stadtwerks. Bild: AP

taz: Herr Müller, der Volksentscheid ist sehr knapp gescheitert. Durch das Foul des Senats mit der Terminverschiebung?

Michael Müller: Das war kein Foul. Es ist völlig legitim, mit einem eigenen Termin die Bedeutung einer Abstimmung zu unterstreichen. Wir haben ganz bewusst gesagt: Hier geht’s um richtig viel für Berlin, und damit muss sich jeder direkt auseinandersetzen.

Der Entscheid ist gescheitert, aber 600.000 Berliner haben für Netzbetrieb und landeseigenes Stadtwerk votiert.

Man muss festhalten: Das konkrete Anliegen mit all seinen Details ist gescheitert. Das ist so. Auf der anderen Seite sind die vielen Jastimmen natürlich ein politisches Statement. Und da freue ich mich als Umweltsenator, dass alle politisch Beteiligten gesagt haben: Das grundsätzliche Anliegen, die Kommunalisierung der Energie, der Aufbau des Stadtwerks, das wird weitergeführt. Im Verfahren um die Netzvergaben befinden wir uns ja schon.

Konkret gibt es dafür bisher nur ein Mini-Stadtwerk, das kurz vor der Abstimmung beschlossen wurde. Nur eine Attrappe?

Das ist auf jeden Fall ernst gemeint, und daran ist dem Senat und auch mir als Umweltsenator viel gelegen. Ich habe immer deutlich gemacht: Ein Stadtwerk ist ein wichtiges Instrument für die Energiewende, ist aber nicht von heute auf morgen ein Milliardenunternehmen, sondern wird Schritt für Schritt aufgebaut. Da werden Kompetenzen zusammengeführt, werden erneuerbare Energien ausgebaut, werden die landeseigenen Unternehmen einbezogen.

Sie selbst haben da nicht mehr viel Gestaltungsraum: Die Verantwortung für das Stadtwerk ging jüngst zu Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) über.

Ich gehe fest davon aus, dass das so weitergeführt wird.

Yzer ist aber Kritikerin der Stadtwerk-Idee. Gerade sie soll es vorantreiben?

Es geht darum, was Senatspolitik ist. Und da haben wir festgelegt, dass wir die CO2-neutrale Stadt wollen. Dafür setzen wir auf den Ausbau erneuerbarer Energien, auf die landeseigenen Unternehmen und auch das Stadtwerk. All diese Inhalte sind Senatspolitik und werden vorangetrieben, damit wir unser Ziel erreichen.

Nicht nur Yzer: Die ganze CDU macht wenig Hehl aus Ihrer Stadtwerk-Ablehnung.

Wir haben jetzt ein starkes Votum von 600.000 Berlinern, die gesagt haben, das ist uns wichtig. Ich kann mir keine politische Kraft im Berliner Parlament vorstellen, der das egal ist. Und wir haben ja Beschlüsse: im Koalitionsvertrag, von den Fraktionsvorsitzenden, im Parlament. Daran ist auch die CDU gebunden.

Ihre Partei will als Erstes das Stadtwerk finanziell aufbessern: mit jährlich 5,5 statt 1,5 Millionen. Reicht das?

Man wird beim Aufbau des Stadtwerks schrittweise anfangen. Wenn noch mal mehr Mittel zur Verfügung stehen sollen, ist das gut. Die Entscheidung trifft aber letztlich das Parlament.

In Ihrer Verantwortung ist weiter der Rückkauf des Stromnetzes. Wie geht’s da weiter?

Ich werde weiter alles tun, dass unser Bewerber „Berlin Energie“ erfolgreich ist bei der Konzessionsvergabe von Strom und Gas. Die Koalition will den kommunalen Einfluss auf die Energienetze erhöhen, im Idealfall auf 100 Prozent, auf jeden Fall die Mehrheit. Ziel ist, direkt mitzubestimmen, wie der Netzumbau und -ausbau für Berlins Energiewende stattfindet. Das ist im Moment meine erste Aufgabe.

Wenn Sie so für die Energiewende eintreten: Warum fuhr Ihre SPD beim Volksentscheid so einen Schlingerkurs?

Es gab keinen Schlingerkurs. Wir waren uns mit dem grundsätzlichen Ziel des Energietischs immer einig, nur in der Umsetzung nicht.

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