Senat legt Gesetzentwurf vor: Klimaschutz löst sich in Luft auf
Der Senat plant neue Vorschriften zur Rettung des Klimas. Bei Verstößen soll es aber keine Sanktionen geben. Grüne und Umweltschützer finden das zu lasch.
Der Senat will beim Klimaschutz unverbindlich bleiben: In dem Entwurf für ein neues Berliner Energiewendegesetz ist kein Instrument vorgesehen, mit dem die dort genannten Ziele auch wirklich durchgesetzt werden könnten. Kritik daran kommt von den Grünen und dem Bund für Umwelt und Naturschutz.
Das neue Gesetz soll das Energieeinspargesetz ablösen, das 1990 von der rot-grünen Koalition unter Walter Momper beschlossen wurde. Durch das alte Gesetz wurde etwa vorgeschrieben, dass zur Planung und Steuerung des Energieverbrauchs alle vier Jahre ein Landesenergieprogramm erstellt werden muss. Als Konstruktionsfehler des Gesetzes erwies sich aber, dass Verstöße gegen das Gesetz nicht geahndet werden konnten. Während jeder Schwarzfahrer 40 Euro zahlen muss, jeder Falschparker abgeschleppt werden kann und jeder Dieb es mit dem Staatsanwalt zu tun bekommt, blieben Energiegesetzsünder unbehelligt. Denn in dem Gesetz waren einfach keinerlei Sanktionen bei Verstößen vorgesehen.
Die Senat macht sich diese Gesetzeslücke derzeit zunutze: Seit 2006 hat er kein Energieprogramm mehr vorgelegt. Er muss es zwar laut Gesetz – aber er macht es einfach nicht, und es bleibt völlig ohne Folgen.
Das neue Energiewendegesetz soll nun weitere Vorgaben und Pflichten für den Senat einführen. So wird er etwa verpflichtet, alle fünf Jahre ein Energie- und Klimaschutzkonzept vorzulegen, beim Energieverbrauch in der öffentlichen Verwaltung zu sparen, alle öffentlichen Gebäude bis 2050 energetisch zu sanieren, mehr Ökoenergien einzusetzen, Energiebeauftragte zu ernennen und die Kohlendioxidemissionen bis 2050 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Es bleibt aber auch bei dem neuen Gesetz dabei, dass es bei Verstößen keinerlei Sanktionen gibt. Und es kann auch niemand vor Gericht die Einhaltung des Gesetzes einklagen – kein Staatsanwalt, kein Bürger, kein Umweltverband, kein Unternehmen, auch nicht die Opposition im Parlament.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz kritisiert diese „Planwirtschaft nach Berliner Art“ und zitiert in seiner Pressemitteilung eine Passage aus Brechts Dreigroschenoper: „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan, geh’n tun sie beide nicht.“
Auch Michael Schäfer, Klimaschutzpolitiker der Grünen, meint: „Es ist skurril: Alles, was in diesem Gesetz geregelt wird, kann der Senat auch ohne dieses Gesetz umsetzen. Und alles, was im Gesetz steht, zwingt den Senat nach seiner eigenen Rechtsauffassung nicht zum Handeln.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin