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Sekt statt Selters

Ein Polizistenpärchen soll Berlin um 600.000 Euro geprellt haben. Jetzt drohen ihnen sechs Jahre Haft

Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollen Polizisten mit Hilfe fingierter Arztrechnungen ihr Gehalt aufgebessert und das Land Berlin so um 600.000 Euro erleichtert haben. Gestern hat vor dem Landgericht der Prozess gegen sie begonnen.

Als Hauptangeklagte gelten eine 39-jährige Angestellte der Landespolizeiverwaltung und ihr Ehemann, ein Polizeibeamter. Die Angeklagte war für die Bearbeitung der so genannten Beihilfeanträge für Arztkosten zuständig. Sie soll die Beträge auf den Rechnungen gefälscht haben, so dass den Antragstellern mehr Geld ausgezahlt wurde, als ihnen eigentlich zustand. Die willigen Komplizen – andere Polizisten – habe der Ehemann seiner Frau zugeführt, so Verteidiger Eckhart Fleischmann. Die Hälfte des zu viel ausgezahlten Geldes soll das Pärchen eingestrichen haben, die andere Hälfte der jeweils beteiligte Polizist. Und zwar von 1996 bis Ende 2001 mehr als 600 Mal. Sechs Polizisten, die in unterschiedlicher Höhe von dem Geldregen profitiert haben, sitzen mit auf der Anklagebank.

Mit ihren illegalen Zusatzeinkünften von 300.000 Euro habe sich das Paar seinen gehobenen Lebensstil finanziert, so Verteidiger Fleischmann: teure Kleidung, Luxusautos und schöne Reisen. „Statt Selters trank man Champagner.“ Mit dem Luxus ist es nun zunächst vorbei. Seit einem Jahr ist das Paar schon in Untersuchungshaft und zwangsweise getrennt. Wegen Untreue und Bestechlichkeit drohen ihnen nun sechs Jahre Haft, hat die Staatsanwaltschaft angekündigt. Leute wie die Angeklagten würden für die Pleite des Landes Berlin mit verantwortlich gemacht, so Anwalt Fleischmann.

Aufgedeckt wurde die Korruptionsaffäre durch einen anonymen Hinweis auf der Internetseite des Polizeipräsidenten. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. Nach Angaben der Verteidiger sei mit umfassenden Geständnissen der Beschuldigten zu rechnen. DPA/DDP

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