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Seehofers Möchtegern-NachfolgerDer Söder auf dem Sprung

Ein Mann, ein Traum: Der größte lebende Franke, Markus Söder, möchte schon immer an die Macht in Bayern. Jetzt könnte es klappen.

Bayerns fränkischer Finanzminister Markus Söder (CSU). Foto: dpa

Wer heute in Berlin oder sonst wo in Preußen von Horst Seehofer genervt ist, könnte sich schon bald nach ihm zurücksehnen. Denn sein möglicher Nachfolger als bayerischer Ministerpräsident steht schon bereit und hat noch weit größeres Quälgeist-Potenzial als der oft erratische, manchmal ekelhaft populistische, aber im Grunde seines Herzens doch verteilungspolitisch soziale, nette alte Mann aus Ingolstadt.

Markus Söder ist zwar inzwischen auch nicht mehr der Allerjüngste, sondern 48, aber das macht ihn jetzt erst recht so stürmisch. Denn der Nürnberger CSU-Bezirkschef und bayerische Finanzminister will endlich, endlich dahin, wo er schon immer hin wollte: An die Macht. Dafür macht „der Söder“, wie ihn Freunde und Feinde nennen, alles. Und das heißt: alles.

Als Umweltminister trug er plötzlich nur noch grüne Krawatten, änderte fünf Minuten nach Fukushima seine Meinung zur Atomkraft und setzte sich für Kröten ein, die er nach seinem Wechsel ins Finanzministerium sofort vergaß, um stattdessen in seiner Heimatstadt Nürnberg ein bayerisches „Heimatministerium“ zu errichten.

Wenn es dem Zweck dient, also der CSU und ihm, ist sich der Söder für nichts zu blöd. Als Jugendlicher ein Poster von Franz Josef Strauß im Zimmer – okay. Aber das peinliche Fotodokument Jahrzehnte später stolz auf Facebook zu präsentieren, das zeugt schon von Chuzpe, fast möchte man sagen: Stil.

Das Problem: Er ist Franke

Was wollte uns der Meister der Selbstdarstellung eigentlich damit sagen? Dass unter Franz Josef alles besser war als unter Seehofer? Dass unter Franz Josef zu schlafen besser war als unter Horst zu dienen? Wahrscheinlich nur: Ich. Bin. Der. Erbe.

Seinen Machtwillen zeigte der Söder immer ungeniert. Ihn als Ehrgeizling und Opportunisten zu bezeichnen, empfände er wohl selbst als euphemistische Untertreibung. Die Frage ist nur: Schreckt seine Eitelkeit zu viele ab oder wird sie zur Selffulfilling Prophecy?

Gerade wäre ein guter Moment, um nach der Macht zu greifen: Seehofer ist nach den Pleiten mit Maut und Betreuungsgeld angezählt. Bis 2018 will er ohnehin aufhören. Die Hauptrivalin Ilse Aigner hat sich im Streit um die Details der Energiewende verheddert.

Bleibt ein Problem: Söder ist immer noch Franke und damit in der gern verlachten Minderheit in Bayern. Deshalb tourt er gerade bevorzugt durch oberbayerische Bierzelte und sagt dort nach besonders schleimigen Begrüßungen: „Danke für das Lob. Es war … angemessen.“ Ja, der Söder hat Stil, wenn auch schlechten. Irgendwann kommt er damit ans Ziel. Und dann wird man den bescheidenen Seehofer vermissen.

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10 Kommentare

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  • Wer Jahre lang wieder besseres Wissen CDU wählt, sollte sich aus bayerischen Dingen raushalten. Bayern und BW stehen auf jeden Fall besser da als der größte Teil der deutschen Lande.

    Die CDU schafft es doch seit Adenauer nur die Interessen von Amis und Vatikan zu vertreten. Das Volk und die deutsche Ökonomie sind denen doch scheißegal.

  • CSU wählen und auf die CSU schimpfen ist in Bayern (ohne Hauptstadt) Tradition. Das wird auch Herr Söder nicht auf die Schnelle ändern können.

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Wenn einer die jahrzehntelange absolute Vorherrschaft der CSU in Bayern beenden kann, dann definitiv der Söder.

  • Ein sattes Drittel der bayerischen Gesamtbevölkerung würde ich nicht gerade als "fränkische Minderheit" bezeichnen, insbesondere, wenn man bedenkt, dass die restlichen 8,4 Millionen Bürger Bayerns ebenfalls nicht nur aus Bazis..

    Nicht dass ich unbedingt Söder-Fan wäre, aber die altbayrische Selbstherrlichkeit geht nach Jahrzehnten der CSU Herrschaft sehr vielen allmählich auf den Senkel!

    Söder ist die Möglichkeit zwei Dinge zu erreichen: Erst einmal wird der Münchner Dünkel düpiert, und nach ein paar Jahren Söder Regierung hat dann endlich auch mal ein Bündnis aus SPD, Grünen und den Freien Wählern die Chance die CSU ordentlich bei den darauf folgenden Wahlen abzuwatschen!! ;)

    • @Ebs69:

      So schauts aus!

       

      und von den 8,4 Mio Restbürgern sind 1,1 Mio Oberpfälzer und 1,8 Mio Schwaben.

       

      Da warens nur noch 5,5 Mio Bayern.

       

      Wenn man dann noch bedenkt dass die knapp 2 Mio Müncher von einem SPD Bürgermeister regiert werden, dann erkennt man, dass das eher ein Vorteil ist Franke zu sein, wenn man in Bayern auf den Thron steigen will...

    • @Ebs69:

      EBS MAN, da muss ich ihnen unbedingt widersprechen. Was von SPD und Grünen zu erwarten ist sieht man ja im Bund. Das einzige was von denen zu erwarten ist, ist Unzuverlässigkeit in Wahlver- sprechen, Nachgebabbel in der Umbenennung von "Haushaltskonsolidierung in Auserität, heißt dem Wähler Geld aus der Tasche ziehen und es dem IWF und der Deutschen Bank so wie der EZB in die Kassen stecken. Darauf kann ich gut verzichten die Zeiten in denen ich Grüne gewählt habe sind lange vorbei. Ich hab dazu gelernt. Inzwischen habe ich mich mit meiner bayrisch-fränkischen Heimat ausgesöhnt und das letzte was ich ihr wünsche ist die Gleichmacherbescheißerpolitik von SPD, Grünen und FW.

      Aber ich gönne sie dem Norden, können aus BW nur lernen.

    • @Ebs69:

      Fragt sich nur, wie lange die "paar Jahre" Söder dann dauern würden.

      Auf jeden Fall ein paar Jahre zuviel... Ein Graus.

       

      Ich drauat mir nochadla gar ned mehr, so wos z'schrei'm. Deszweng schreibat ich des lieber scho etzat glei no an'n taz. Mer kann jo nia wiss'n...

       

      Im Ernst: Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ein Söder der Wegbereiter für SPD, Grüne und freie Wähler sein könnte? Ihren Optimismus möchte ich haben. Der viele Jahre anhaltende Vorsprung der CSU begründet sich gerade in ihrer Volksnähe und Anpassungsfähigkeit an die Erfordernisse dauerhafter Mehrheitsfähigkeit. Dass dies sie gerade so gefährlich macht ist den meisten weder in Bayern noch bundesweit klar. Dass so etwas auf einen höchst unzuverlässigen Zickzackkurs hinausläuft, macht derzeit ausgerechnet die SPD exemplarisch und nervend vor, auch wenn Sigmar Gabriel dies noch so energisch bestreitet.

      • @noevil:

        hmm also, mein Beitrag war eigentlich schon auch mit einem gewissen Augenzwinkern gedacht..

         

        Nichtsdestotrotz, kann ich mir schon vorstellen, dass die CSU Mehrheit doch noch ins Wanken gerät, da mit den Freien Wählern seit langem eine Partei in Bayern "operiert", die zumindest für langjährige CSU Wähler nicht so völlig abschreckend wirkt, "wia dös ganze Sotz'n G'schperrl.."

         

        Ein CSU-Franke an der Regierung könnte somit im tiefsten Ur-Bayern eine starke Wählerwanderung zu den Freien Wählern bewirken.

        Und ferner könnte es sich in Franken ganz ähnlich verhalten, denn dort wird dem Söder "sei dummes G'waaf" ganz besonders deutlich verstanden, und es dürfte daher je länger es anhält desto mehr und schneller Fremdschämreflexe auslösen.. (Stichwort: George W. Bush - Effekt!)

        • @Ebs69:

          Den haben wir schon seit Merkel an der Regierung ist. Erst recht seit den letzten Amtsperioden.

          Was aus den Leserbriefen spricht ist wohl eher Bayernneid, denn denen geht es besser, als den meisten Bundesländern.

        • @Ebs69:

          Im Übrigen gerät der opportunistische Zickzackkurs der CSU aktuell auch sehr stark an seine Grenzen! Siehe Maut, Betreuungsgeld, Stromtrassen.. - Die königlich-göttliche Staatsregierung muss hier somit in Zukunft auch etwas vorsichtiger werden, um sich nicht in Zukunft völlig der Lächerlichkeit preisgeben zu müssen.

           

          Zum Thema SPD sag ich nur folgendes Dieter Hildebrandt Zitat: Früher wenn Brandt eine Rede hielt, brannte mein Essen an. Wenn jedoch heute Schröder eine Rede hält, koche ich mir daraufhin etwas zu essen..