Seehofer und die CSU im Wahlkampf: Obergrenze keine Bedingung mehr
Monatelang hatte die CSU auf einer Obergrenze für die Aufnahme von Geflüchteten beharrt. Jetzt stellt Seehofer fest: „Der Kurs in Berlin hat sich verändert“.
BERLIN afp/dpa | Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat eine Obergrenze für Flüchtlinge in einem ARD-Interview nicht mehr als Bedingung für eine Koalition nach der Bundestagswahl genannt. „Die Situation hat sich verändert, der Kurs in Berlin hat sich verändert“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag im „ARD-Sommerinterview“ in Berlin. Es sei schon ein Erfolg für seine Partei gewesen, das Thema in der politischen Diskussion verankert zu haben, sagte der CSU-Chef weiter.
Die Flüchtlingssituation und die Politik in Berlin hätten sich seitdem aber entscheidend verändert, fügte er hinzu. Er garantiere, dass sich eine Situation wie im Jahr 2015 nicht wiederholen werde.
Seine ursprüngliche ultimative Forderung nach einer verbindlichen Obergrenze wiederholte Seehofer im dem Interview nicht. Die lange von der CSU geforderte Obergrenze für Flüchtlinge hatte für Zwist mit der Schwesterpartei CDU gesorgt. Deren Vorsitzende, Kanzlerin Angela Merkel, hatte eine Obergrenze stets abgelehnt.
Seehofer hingegen hatte ungeachtet des Widerstands von Merkel an noch Mitte Juli eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr gefordert. Im damals vorgestellten CSU-„Bayernplan“ finden sich auch all jene Forderungen, die die CSU wegen des CDU-Widerstands nicht im gemeinsamen Unions-Wahlprogramm unterbringen konnte. Das sind neben der Obergrenze eine Ausweitung der Mütterrente und bundesweite Volksentscheide. Seehofer versprach, wenn die CSU bei der Bundestagswahl am 24. September das Vertrauen der Menschen bekomme, dann werde sie „die Dinge, die wir den Menschen zusagen, umsetzen“.
Die Liebe zum Verbrennungsmotor bleibt
In zwei anderen Punkten bleibt Seehofer allerdings hart: Steuererhöhungen und ein Verbot von Diesel- und Benzinmotoren schließt er auch nach der Bundestagswahl aus. „Wir können uns nicht verständigen auf eine Steuererhöhung“, sagte er im ARD-Sommerinterview mit Blick auf mögliche Koalitionsverhandlungen mit den Grünen nach dem 24. September. Auch die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine Erhöhung der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen schloss er aus. „Und wir werden uns auch nicht verständigen können, eine Technologie wie den Verbrennungsmotor durch einen Paragrafen zu verbieten.“
Die Grünen haben die Wiedereinführung einer Vermögensteuer unter bestimmten Bedingungen im Wahlprogramm und fordern zudem, dass ab 2030 nur noch abgasfreie Autos in Deutschland zugelassen werden. „Man wird am Ende immer mit den Partnern sondieren müssen, die der Wähler will“, sagte Seehofer. Das Wahlergebnis entscheide, welche Koalitionen möglich seien. „Die Sozialdemokraten haben in den letzten Monaten nicht allzu viel dafür getan, dass man sich freut auf eine Fortsetzung der großen Koalition.“
Leser*innenkommentare
IL WU
Gut, dass dieser Streit beigelegt ist und man nun einen erfolgreichen Wahlkampf führen kann.
Markus Steffen
Unabhängig wie man zur Obergrenze steht: Solche 180-Grad-Wendungen schaden dem Ansehen der Demokratie.
Wenn sogar schon vor der Bundestagswahl zentrale Wahlkampfversprechen einkassiert werden, kann man sich noch weniger auf die Forderungen und Versprechen der Parteien verlassen.
39167 (Profil gelöscht)
Gast
@Markus Steffen Haben Sie sich wirklich mal darauf verlassen? Diesen Wahlkampfsätzen geglaubt?