Security in der Hamburger Jugendhilfe: Wachmänner statt Pädagogen
Ein städtischer Jugendhilfe-Träger setzt systematisch Securities für die Betreuung von Jugendlichen ein. Rot-Grün lehnt die Debatte darüber im Familien-Ausschuss ab.
Doch SPD und Grüne zogen die Bremse. Sie lehnten die „Überweisung“ des Themas in den Ausschuss ab. „Die Anfrage ist aus meiner Sicht ausführlich beantwortet worden“, sagt die Grünen-Abgeordnete Anna Gallina. Sollte die Linke das anders sehen, könnte sie ja weiter schriftlich Fragen stellen. Auch die SPD erklärt, der Senat habe den Sachverhalt schon „umfassend erörtert“.
Die Haltung ist überraschend. Waren es doch Grüne und SPD gewesen, die vor zehn Jahren den Einsatz von Security im damals geschlossenen Heim in der Feuerbergstraße unermüdlich kritisiert hatten. Die Betreuung durch Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma war dort erstmalig ausprobiert worden. In Ermangelung von pädagogischem Personal hatten Wachleute sogar mit Jugendlichen Malefiz oder Fußball gespielt. „Dass sich das verwischt und Wachleute in der Pädagogik mitwirken, lässt sich gar nicht verhindern“, sagt Boeddinghaus, die damals noch in der SPD war.
Das geschlossene Heim wurde Anfang 2009 dichtgemacht. Doch der LEB hat auf dem Gelände mehrere offene Einrichtungen. Die Institution des Wachdienstes wurde beibehalten, auch der Zaun steht noch. Wie die taz jüngst berichtete, findet dort die „Einzelbetreuung“ von 16 Jugendlichen statt, bei denen nachts der Sicherheitsdienst die Aufsicht übernimmt.
Sabine Boeddinghaus, Fraktionsvorsitzende der Linken
Ebenfalls seit 2009 wird in einer Einrichtung in Hamm nachts ein Sicherheitsdienst eingesetzt. Es handelt sich um Jugendwohnungen für über 16-Jährige, in Ausnahmefällen werden dort auch 15-Jährige betreut. Dem Modell folgten weitere Nachahmer. Inzwischen hat der LEB besagte 16 Standorte, in denen nachts Security als „Concierge“ fungiert.
Der Senat schreibt in seiner Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion, die meisten Einrichtungen seien im Zuge der gestiegenen Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge entstanden. Der höhere Personenverkehr führe zu „höherem Konfliktpotential“.
Anna Gallina nennt den Einsatz von Security „nur in sehr engen Grenzen sinnvoll“ – doch sie lehnt ihn nicht ab. Wachleute sicherten „den Rahmen für besonders herausfordernde pädagogische Arbeit in Fällen, in denen die Betreuten vor Selbst- und Fremdgefährdung geschützt werden müssen“. Wer den Einsatz rundweg ablehne, müsse auch die Konsequenzen für Jugendliche und pädagogisches Personal benennen.
Schlechter Personalschlüssel
Boeddinghaus kritisiert hingegen die strukturelle Bedeutung des Einsatzes von Security. Denn bei der Durchsicht der Senatsantwort fiel auf: Die betroffenen Einrichtungen sind mit 19 bis 38 Plätzen viel größer als herkömmliche Jugendwohnungen mit vier Plätzen. Auch der Personalschlüssel ist schlechter. „Der Einsatz von Security baut also nicht auf Erfahrungen mit Jugendlichen auf, sondern wird von vornherein mitgedacht“, sagt Boeddinghaus. Die Jugendlichen erführen eine „Jugendhilfe zweiter Klasse.“
Das Argument, wegen hoher Zahlen junger Zuwanderer müssten Abstriche gemacht werden, sei nicht überzeugend. Die Zahl sei längst wieder auf Werte von vor der Zeit, als Tausende Flüchtlinge nach Hamburg kamen, gesunken. Auch sei der Einsatz von Securities keineswegs alternativlos, kommen doch andere Städte wie Berlin ohne aus. „Darüber würde ich gern im Ausschuss sprechen“, sagt sie. „Grüne und SPD verweigern die Fachdebatte.“
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