Schwedischer Karikaturist: Permanenter Polizeischutz nötig
Lars Vilks’ „Mohammedhunde“ provozieren, der Künstler bleibt gelassen. Nun wurde er Ziel des Anschlags in Kopenhagen.
STOCKHOLM taz | Lars Vilks hatte sich auf den Auftritt in Kopenhagen gefreut. Am Dienstag hatte er bereits bei einer anderen Veranstaltung über die Grenzen von Meinungs- und Kunstfreiheit diskutiert. Die Lokalzeitung Corren titelte: „Vilks provoziert weiter“.
Vilks provoziert so sehr, dass Menschen ihn wegen seiner Kunst töten wollen. Beeindrucken lässt er sich davon allerdings absolut nicht. Er selbst sieht sich als „Kuf“. Abgeleitet von Kufi, einer der ältesten Formen der arabischen Schrift. Die als besonders schwer lesbar und vieldeutig gilt.
1980 begann Vilks an einem abgelegenen Strand in Südwestschweden ein Objekt aus Treibholz zu bauen. Natürlich ohne Baugenehmigung. Und baut seit über 30 Jahren dort weiter vor sich hin. Mittlerweile besteht die bis zu 25 Meter hohe „Nimis“ aus 75 Tonnen Holz. Das Objekt, das zu einer Touristenattraktion wurde, hat laut Vilks „rein gar keine Bedeutung“.
Mit seinen „Mohammedhunden“ bekam der 68-jährige Kunsttheorieprofessor dann doch Ärger – mit religiösen Fanatikern. 100.000 Dollar Kopfgeld setzte eine „irakische al-Qaida“ schon 2007 aus, 150.000 Dollar gar, wenn „er geschlachtet wird wie ein Schaf“. Es gab mehrere missglückte Anschlagsversuche, darunter 2010 einen Brandanschlag auf sein Haus. Seitdem steht er unter permanentem Polizeischutz.
Preis für „Charlie Hebdo“
Seine „Mohammedhunde“-Skizzen sollten ursprünglich nur ironische Entwürfe für den Bau von „Rondellhunden“ darstellen. Eine Laienkunstbewegung, die sich Mitte der 2000er Jahre in Schweden landesweit auf den Mittelflächen von Verkehrskreiseln ausgebreitet hatte und mittlerweile längst entschlafen ist.
Im Gegensatz zu Vilks’ Zeichnungen von Menschenköpfen auf Hundekörpern, mit denen er schon deshalb immer weitermacht, weil es nach wie vor Aufregung darüber gibt. Er stiftete ihnen sogar einen eigenen Kunstpreis, den „Goldhund“. Im Oktober 2013 verlieh Vilks ihn zum ersten Mal: an Charlie Hebdo. Chefredakteur Gérard Biard nahm ihn damals entgegen.
Was seine „Mohammedhunde“ jedenfalls nicht wert seien, sei ein Toter, sagte Vilks vor Jahren. „Wo stehen wir jetzt?“, fragte er am Sonntag nach dem Anschlag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind