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Schweden gegen KolumbienAllein unter Frauen

Die Schwedinnen sind bei der WM 2007 bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Nun versuchen sie, ihr Selbstvertrauen zurückzugewinnen – ohne ihren Trainer.

Wieder integriert: Schwedens Trainer Thomas Dennerby mit seinem Team Bild: dpa

BERLIN taz | Sie spielen attraktiv, arbeiten Chance um Chance heraus, doch Erfolge waren zuletzt im schwedischen Frauennationalteam Mangelware. Um dieses Trauma zu überwinden, haben die Spielerinnen vor der Auftaktpartie gegen WM-Neuling Kolumbien am Dienstag Gesprächsrunden untereinander organisiert. „Wir müssen uns öffnen. Wir Mädchen müssen es wagen, unsere Vorstellungen durchzusetzen“, sagte Abwehrspielerin Charlotte Rohlin.

Das Besondere daran ist, dass Trainer Thomas Dennerby und Assistenztrainerin Ann Helen Grahm bei diesen Gesprächen nicht anwesend sein dürfen. Die Spielerinnen versuchen untereinander Selbstvertrauen aufzubauen und die vergangenen Ereignisse aufzuarbeiten. Was war 2007 wirklich schiefgelaufen, als man bereits in der Vorrunde ausschied? Welche Ziele muss man sich bei dieser WM stecken? Welche taktischen Maßstäbe muss man setzen, um endlich nicht nur Chancen herauszuspielen, sondern aus diesen auch Tore zu erzielen?

„Wir wollen etwas anderes ausprobieren, um erfolgreich zu sein, da müssen nicht immer unsere Trainer dabei sein“, erklärt Linda Forsberg, die im Mittelfeld die Fäden ziehen soll. „Da wird es auch leichter sein, unter uns Spielerinnen die Meinung zu äußern“, erzählt die Spielerin des LdB FC Malmö weiter.

Die schwedischen Spielerinnen verstehen das vor allem als Initiative, um ihr fußballerisches Selbstvertrauen zurückzugewinnen. „In der Vergangenheit waren einige Spielerinnen dem Druck nicht gewachsen. Sie kämpften zwar auf dem Platz, aber ohne zählbaren Erfolg“, fügt Routinier Charlotte Rohlin hinzu.

Wohlfühlen ist wichtig

DAS IST KOLUMBIEN

Auf den ersten Blick könnte Kolumbien ein leichter Start für Schweden sein (Dienstag 15 Uhr, ZDF). Ein Sparringspartner, bevor das Turnier wirklich losgeht. Die Südamerikanerinnen spielen ihre erste WM. Sie stehen auf Platz 31 der Fifa-Weltrangliste und damit 26 Stellen hinter den Schwedinnen. Auch einen Ligaspielbetrieb gibt es erst seit den neunziger Jahren. Es gibt aber auch ein anderes Kolumbien: Ein junges Team, das durch hervorragende Jugendarbeit gewachsen ist. 2007 wurde die U17 Südamerikameister, 2010 erreichte die U20 das WM-Halbfinale. Dieser Nachwuchs bildet bereits den Kern des WM-Teams. Spielerinnen wie die 17-jährige Yoreli Rincon. Sie schoss in zwölf Länderspielen acht Tore und wird als möglicher Weltstar gehandelt. Auch wissen die jungen Kolumbianerinnen, wie es sich anfühlt, gegen Schweden zu gewinnen: Bei der U-20-WM kickten sie im Viertelfinale die Skandinavierinnen mit 2:0 raus. (rc)

Es ist bereits die zweite Besprechung dieser Art, denn schon vor der Generalprobe am vergangenen Donnerstag, einem 1:1 gegen Japan, versuchten die Spielerinnen ohne ihre Trainer eine Lösung zu finden. Schon damals bemerkte Torfrau Hedvig Lindahl, dass es das Ziel sei, dass jede Spielerin mit ihren Sorgen und Problemen gehört wird und sich bei der Aussprache wohlfühlen kann. Sie sollen Ansichten äußern können, die sie bei Anwesenheit des Trainerteams womöglich verschweigen würden.

Am Ende soll diese etwas außergewöhnliche Initiative aber natürlich auch bessere Ergebnisse zur Folge haben. Linda Forsberg stellt klar: „Wir haben zu unserem Trainerteam das beste Verhältnis, aber wir fühlen uns manchmal einfach anders, und das möchten wir eben unter uns besprechen.“

Trainer Thomas Dennerby hat Verständnis für seine Spielerinnen. Er versucht seine Aufgabe so gut wie nur möglich zu bewältigen und die Nummer fünf der Fifa-Frauenweltrangliste taktisch und physisch bestens vorbereitet in die erste Begegnung gegen Kolumbien zu schicken. „Kolumbien ist auf dem Papier zwar der leichteste Gegner unserer Gruppe, aber wir müssen uns am Niveau unserer beiden anderen Gegner USA und Nordkorea orientieren. Meiner Meinung haben wir das Potenzial, mindestens zwei Spiele in der Vorrunde gewinnen zu können“, sagte Dennerby.

Dienstag gilt es dann für das gesamte schwedische Team, gegen Kolumbien das neu gewonnene Selbstvertrauen in Torerfolge umzusetzen. Auf dem Spiel steht wohl auch die ungewöhnliche Autonomie der schwedischen Mannschaft.

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1 Kommentar

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  • I
    Ipe

    Ungewöhnlich sind solche Maßnahmen definitiv nicht. Jede Mannschaft, die eine Krise durchmacht, versucht so etwas intern zu initiieren. Bei den Herren vornehmlich um die Störenfriede ruhig zu stellen, damit die Mannschaftsdynamik wieder gegeben ist. Als ob die Schwedinnen regelmäßig bei den WMs rausfliegen, weil ein Mann trainiert.