Schwarz-gelbe Gesundheitsreform: Erst billig, dann megateuer
Vor dem zweiten Treffen der Regierungskommission hat die Universität Köln ausgerechnet, dass die Minikopfpauschale bis zum Jahr 2030 besonders für Rentner fast unbezahlbar wird.
Sie ist die kleine Kommission im Schatten der großen: In der gewerkschaftlich orientierten Gesundheitskommission "Für ein solidarisches Gesundheitssystem der Zukunft" wollen die Mitglieder ein Gegengewicht bilden zu dem Treffen der Regierungsmitglieder um Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP).
Am Mittwoch ist es mal wieder so weit, beide Initiativen treffen sich zum zweiten Mal. Die Gewerkschaftskommission wird sich dabei mit einer Berechnung befassen, die auch für die RegierungskollegInnen interessant sein dürfte: Nach diesen Berechnungen, die Kommissionsmitglied Markus Lüngen von der Universität Köln zusammen mit seinem Kollegen Guido Büscher gemacht hat, wäre eine Kopfpauschale von 29 Euro monatlich ausreichend, um eine parallele Senkung der Sozialbeiträge für die ArbeitnehmerInnen um 0,9 Prozent zu finanzieren. Mehr als das: Nach dem Modell würde sogar ein Überschuss von rund 8 Milliarden jährlich eingefahren werden.
Wird jedoch eine Kostensteigerung von nur einem Prozent pro Jahr im Gesundheitswesen angenommen, verändern sich die Zahlen dramatisch: Bei stabilen Beiträgen und Steuerzuschuss würde die Kopfpauschale bereits im Jahr 2020 auf 43,80 Euro ansteigen, im Jahr 2030 gar auf 86,13. Grund für den erwarteten Kostenanstieg ist der demografische Wandel, der sich in den kommenden Jahrzehnten besonders im Gesundheitssystem bemerkbar machen wird. Ein als notwendig betrachteter Sozialausgleich wurde in den Kalkulationen nicht berücksichtigt - er würde zusätzlich kosten.
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"Die Ergebnisse zeigen, dass es die Hauptaufgabe der Gesundheitspolitik sein muss, die Kosten zu begrenzen", sagte der Autor der Studie, Markus Lüngen, der taz. "Wenn dies nicht geschieht, haben wir in wenigen Jahren die Kopfpauschale und die Beiträge zusätzlich."
Die Regierungskommission soll unter der Leitung von Gesundheitsminister Philipp Rösler bis Sommer erarbeiten, wie sich der Einstieg in eine Kopfpauschale finanzieren ließe. Dabei trifft Rösler, ein Fürsprecher der Pauschale, auf erbitterten Widerstand in den eigenen Reihen. Die CSU lehnt das Modell als unsozial ab, weil alle ArbeitnehmerInnen und Rentner unabhängig vom Einkommens die gleiche Summe zahlen müssten. Deren bayerischer Gesundheitsminister Markus Söder hat sogar demonstrativ ein eigenes Gegenmodell präsentiert. Die CDU ist in der Frage gespalten.
Vor der ersten Sitzung der Kommission im März kam ein Papier an die Öffentlichkeit, das angeblich aus dem Gesundheitsministerium stammte. Demnach habe sich die Regierung bereits von der Idee verabschiedet, die Gesundheitsbeiträge vollständig abzuschaffen und durch eine Kopfpauschale im dreistelligen Bereich zu ersetzen. Stattdessen, so stand es in dem Dokument, wolle die Regierung eine "Minipauschale" in Höhe von 29 Euro einführen, mit der sie dann die Beiträge für die Arbeitnehmer um 0,9 Prozent senken könne.
Für die heutige Sitzung der Regierungskommission werden noch keine inhaltlichen Ergebnisse erwartet. Es werde um "die weitere Behandlung technischer und organisatorischer Fragen" gehen, berichtet die Passauer Neue Presse und beruft sich auf ein Schreiben aus dem Ministerium.
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