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Schwarz-Rot zu FamilienpolitikNeun Seiten „Zusammenhalt“

Mehr Kitas, mehr Elternzeit, mehr Aufsichtsrätinnen: Das sind die Pläne der Großen Koalition. Beim Adoptionsrecht für Homos wartet sie ab.

Heterosexuelle Fantasie: Aufkleber am Gebäude des Familienministeriums. Bild: dpa

BERLIN taz | „Zusammenhalt der Gesellschaft“. Unter dieser Überschrift verhandelt der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD auf neun Seiten Gleichstellung, Frauen- und Familienthemen. Was steht drin?

Familie: Kitaausbau und Kinderbetreuung sollen „weiter vorangetrieben“ und „schrittweise ausgebaut“, für Betriebskitas soll „geworben“ werden. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, will ein Gremium aus verschiedenen Sozialpartnern und der Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht mit entsprechenden Empfehlungen vorlegen.

Künftig sollen 24 statt nur 14 Monate Elternzeit flexibel zwischen dem 3. und 8. Lebensjahr des Kindes genommen werden können. Mit dem „Elterngeld Plus“ sollen Mütter und Väter, die während der Erziehungszeit parall bis zu 30 Wochenstunden arbeiten, einen Bonus zusätzlich zum Elterngeld in Höhe von zehn Prozent des Elterngeldes bekommen.

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Alleinerziehende sollen einen höheren Steuerfreibetrag als bisher (1.308 Euro) bekommen. Höhe und Zeitpunkt der Einführung sind nicht genannt.

Gleichstellung der Lebensformen: Homo-Paare sollen rechtlich nicht schlechter gestellt werden, als „herkömmliche“ Paare. Für eine Entscheidungen zu Adoptionen homosexueller Paare wird das Urteil des Bundesverfassungsgesrichts abgewartet.

Frauenquote und Entgeltgleichheit: Ab 2016 sollen Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen mit mindestens 30 Prozent Frauen besetzt sein. Bei Nichterreichen der Quote sollen diese Aufsichtsratsplätze leer bleiben.

Unternehmen ab 500 Beschäftigten sollen künftig Transparenzberichte zur Frauenförderung und Entgeltgleichheit vorlegen.

Sexuelle Gewalt: Das seit März geschaltete niedrigschwellige Frauenhilfetelefon wird als wichtige Anlaufstelle genannt. Kein Wort zur Finanzierung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen, die praktische Hilfe leisten und dauerhaft in finanziellen Nöten sind.

Die Verjährungsfrist für sexuelle Gewalt an Kindern soll „nicht vor dem 30 Lebensjahr des Missbrauchsopfers“ einsetzen. Die Stelle des sogenannten Missbrauchsbeauftragten ist „gesichert“, aber nicht gesetzlich verankert.

Prostitution: Das Prostitutionsgesetz soll „umfassend überarbeitet“ und „ordnungsbehördliche Kontrollmöglichkeiten gesetzlich verbessert“ werden. Klartext: Prostitutionsstätten sollen strenger kontrolliert werden.

Frauenbewegung: Bislang nie erwähnt, sollen Archive zur Frauenbewegung, inklusive der der DDR, offen sein für alle. Der Helene-Weber-Preis für Kommunalpolitikerinnen will das Familienministerium weiter fördern.

Jugend: Jugendpolitik soll mehr als bisher gestärkt werden. Es soll ein „Jugend-Check“ entwickelt werden: Welche politischen Maßnahmen wirken wie auf Jugendliche?

Betreuungsgeld: Taucht im Vertrag nicht auf. Muss auch nicht, weil es bereits existiert. Wollte die SPD zwar abschaffen, wenn sie regiert. Aber bereits vor Beginn der Koalitionsverhandlungen war klar, dass die SPD sich damit nicht durchsetzen kann.

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5 Kommentare

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  • G
    Égalité

    @Hamburger

    Des Weiteren ist die Heterofamilie keineswegs "zum Abschuss freigegeben" (was für ein gewalttätiges Bild!! Geht's eigentlich noch??). Dank ihres fast ungehinderten Zugangs zur Reproduktion wird die Heterofamilie auch in Zukunft weiter Bestand haben, da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen! Aber machen Sie sich nichts vor: Eben diese Heterofamilien werden auch weiterhin in schöner Regelmäßgikeit homosexuelle Kinder hervorbringen, ebenso wie Linkshänder und andere Minderheiten... :-)

    Interessant finde ich abschließend auch Ihre Einstufung der Medienspekulationen zur vermeintlichen Homosexualität von irgendwelchen Prominenten - weshalb ist es denn "herabwürdigend", wenn man sagt, dass jemand vielleicht homosexuell ist?? Ich entnehme daraus, dass Sie es nicht etwa schlimm finden, dass die Medien überhaupt darüber spekulieren, was ein Prominenter so in seinem Schlafzimmer veranstaltet (was uns eigentlich im 21. Jh. relativ wurscht sein sollte), sondern dass ihm oder ihr so etwas "Entsetzliches" wie Homosexualität nachgesagt wird. Was Sie nicht bedenken: Dieser "Medienhype" wird nur so lange funktionieren, wie die Gesellschaft - mit Leuten wie Ihnen - Homosexualität so negativ bewertet und als "unnormal" darstellt. Oder fänden Sie es ähnlich "herabwürdigend", wenn die Medien einem Prominenten nachsagen, er sei in Wirklichkeit gar nicht "normal", sondern Vegetarier?

  • G
    Égalité

    @Hamburger Von einem Ministerium, das "Familie" abbilden will, kann meines Erachtens schon erwartet werden, dass alle Familienformen dargestellt werden, und da wird mit Blick auf das Foto sehr deutlich, dass die Familie mit zwei gleichgeschlechtlichen Eltern und Kind(ern)fehlt. Das lässt schon tief blicken, auch wenn der Designer es vielleicht nicht absichtlich so gestaltet hat.

    Es gibt auch keineswegs die von Ihnen beschworene "Genderideologie", sondern ausschließlich die Feststellung, dass Mädchen und Jungen von Kindesbeinen an von unserer Gesellschaft unterschiedlich behandelt und mit unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert werden - diese haben ausschließlich mit einer willkürlich festgelegten Rollenverteilung zu tun. Aber da Sie "bewährt" sagen, sind wohl wirklich der Überzeugung, dass Frauen von Natur aus dazu prädestiniert sind, das Entfernen von Kinderkacke und das Putzen der Wohnung ganz toll und erfüllend, einen Beruf hingegen total öde zu finden und nieee tauschen wollen würden...

    Dass ein Kind nicht zwangsweise von gegengeschlechtlichen Eltern großgezogen werden muss, sieht man wunderbar an der Kriegskindgeneration - oder wagen Sie wirklich zu behaupten, all die Kinder, deren Väter im 2. Weltkrieg umgekommen sind und "nur" von der Mutter großgezogen wurden, seien in irgendeiner Form "nicht normal" oder "gestört"? Würden Sie sich trauen, das bei einem Treffen jener Generation lauthals so zu sagen? Wenn ja, sagen Sie mir bitte Bescheid wann, dann bringe ich auch noch die Presse mit, um die Reaktionen im Bild festzuhalten!

  • Jetzt reicht es aber mal! Was heißt hier "heterosexuelle Fantasie"? Das hätte ich bei 100 gleichartigen Aufkleber verstanden, aber bei einem??

     

    Heterosexualität ist der statistische Normalzustand. Homosexualität die seltene Abweichung. Nach internationalen Studien beträgt der Anteil Homosexueller an der Bevölkerung ca. 1%, die höchste seriös ermittelte Schätzung fand ich bei einer Metastudie von 3%.

     

    Auch wenn es die Medien immer wieder anders suggerieren. Minderheitenrechte ja. Aber endlich Schluss mit diesem Homo-Hype.

    • @Hamburger:

      Ich nehme weder Homo-Hype wahr noch störe ich mich an Homosexualität. Ist mir irgendwie total egal. Warum die Aufregung? Inwiefern fühlen Sie sich persönlich betroffen/benachteiligt?

      • @Regenwetter:

        "..Warum die Aufregung? Inwiefern fühlen Sie sich persönlich betroffen/benachteiligt?.."

         

        Vermutlich ist es Angst. Angst, die Welt könnte sich ändern. Da will Mann doch lieber Hamburger, so, wie sie immer waren. Und statistischen Normalzustand.